Potsdam - Spektakuläre Bilder von Bergrutschen, unterspülten Böschungen und überfluteten Städten gehen nach heftigen Regenfällen durch die Medien. "Doch Bodenerosion ist ein generelles Problem, das gerade vor dem Hintergrund von Klimaveränderungen stärker von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden muss", sagte der Potsdamer Geologe Onno Oncken. In längeren feuchten Perioden erhöhe sich zwangsläufig die Menge des abgetragenen Bodens. "Es funktioniert wie beim Aquaplaning", erläuterte der Professor am GeoForschungsZentrum Potsdam. "Wenn der Boden mit Wasser gesättigt ist, beginnt er auf dem Wasser-Bodengemisch zu kriechen und zu rutschen." Selbst im Flachland sei nach stärkeren Regengüssen an den Flanken von Böschungen heruntergeschwemmter Sand und Ton zu beobachten. "Wie verheerend Regenfälle sein können, hängt von vielen Faktoren ab, darunter von der Hanglage, der Vegetation und der Nutzung des jeweiligen Gebietes durch den Menschen." Dass bei starken Niederschlägen ganze Berghänge abrutschen können, zeige das Beispiel des italienischen Veltlin. Gewaltige Verschiebungen "Innerhalb weniger Tage können starke Bodenschichten verloren gehen", erläuterte Oncken. Solche Prozesse seien nach menschlichem Zeitmaß unumkehrbar. "Es braucht Tausende oder gar Zehntausende von Jahren, um einen Meter Boden neu entstehen zu lassen." Holland sitze auf dem Schutt, den der Rhein in Jahrmillionen aus den Alpen weggeschwemmt habe, sagte der Forscher, um die gewaltigen Verschiebungen zu verdeutlichen. Deutschland nicht so stark betroffen Deutschland sei allerdings von solchen Prozessen vergleichsweise gering betroffen, betonte der Wissenschafter. "Wir haben nicht so viel Hochgebirge wie etwa die Schweiz, und die Flächen dort werden auch nicht so stark landwirtschaftlich genutzt." Eingriffe des Menschen in die Natur, etwa zur Agrar- oder zur touristischen Nutzung wie bei Skipisten, wirkten sich oft negativ aus. "In Folge der dadurch erfolgenden Verdichtung wird der Boden nicht stabilisiert, denn er kann dadurch viel weniger Wasser aufnehmen." Eine Rolle spiele auch die Art der Nutzung. Beim Ackerbau in Hanglagen drohe Bodenerosion gerade nach der Ernte und nach dem Pflügen, da der Boden dann offen liege und nicht mehr durch Wurzelwerk stabilisiert werde. In Brandenburg beispielsweise sei die Erosionsgefahr relativ gering, weil die Endmoränen-Hügel meist bewaldet seien oder als Viehweiden und für Obstanbau genutzt würden. Bessere Prävention Der Einfluss des Regens als Faktor der Bodenerosion sei nicht einfach zu quantifizieren, sagte Oncken. "Es gibt eine Korelation zwischen Niederschlagsmenge und Erosion, aber sie ist längst nicht so stark wie man erwartet. In den Ländern der Mittelmeerregion liegen die Niederschlagsmengen übers Jahr gesehen insgesamt wie bei uns zwischen 500 und 2000 Millimeter. Aber während bei uns der Regen fast gleichmäßig über alle Monate verteilt fällt, geht er dort konzentriert zu bestimmten Zeiten nieder, dadurch wird zehn bis hundert Mal so viel Boden abgetragen wie bei uns." Eine bessere Prävention gegen Erosion wäre dringend nötig. "Dazu müssen im Rahmen einer Bestandsaufnahme gefährdete Gebiete kartiert und für jeden einzelnen Fall Maßnahmen entwickelt werden", sagte der Wissenschaftler. "Handelt es sich etwa um Lockersedimente, die durch Aufforstung stabilisiert werden können, oder um nackte Felshänge, die mit Felsankern oder Beton gesichert werden müssen. Daher ist es sinnvoll, wenn das Problem von der Politik stärker wahrgenommen wird." (APA)