Wirtschaft
Aufstieg und Fall
Analysten glaubten noch Mitte 2000 an "überzeugendes Geschäftsmodell"
Wien - Mit dem Konkurs des Wiener Internetdienstleisters
Blue C hat nach MCN, red-stars.com, YLine, KPNQwest Austria,
CyberTron und Ahead Communications ein weiterer viel umjubelter
Internet-Start-Up aus Österreich in der Insolvenz geendet. Das
Unternehmen, das seinerzeit selbst als Inkubator anderen Firmen den
Start ermöglichen wollte und mit Büros in aller Welt für
Aufmerksamkeit sorgte, hat bereits einen mehr als eineinhalbjährigen
Restrukturierungsprozess hinter sich, der nunmehr offiziell
gescheitert ist. Die ehemalige Kundenliste der Blue C liest sich allerdings wie das
"Who is Who" der österreichischen Wirtschaft und reicht von Swarovski
über Red Bull und Raiffeisen bis zur Erste Bank. Zum Börsegang Mitte
2000 hatten Analysten das Blue C-Geschäftsmodell noch als
"langfristig überzeugend" bezeichnet. Das Unternehmen bringe das
nötige Know-how mit und habe guten Zugang zu den Kunden, hieß es
damals. Noch im selben Jahr verfehlte Blue C aber seine eigenen
Ergebniserwartungen kräftig.
Gewinnwarnung
Offiziell wurden die Probleme bei Blue C zu Beginn 2001 mit einer
erneuten Gewinnwarnung, die mit einem Rücktritt des damaligen
Vorstandschefs (CEO) Rüdiger Nürk einherging. Damals peilte das
Unternehmen aber nach wie vor 2002 Gewinne an.
Was folgte, war ein Komplettumbau des Unternehmens. Zunächst
trennte sich Blue C vom Incubator-Geschäft und beschränkte sich auf
E-Business-Beratung. Dann wurden die Büros in den USA, England,
Schweden und Frankreich geschlossen. Die ursprünglich beabsichtigte
Eröffnung von Standorten in Italien, Portugal, Benelux, Osteuropa,
Südamerika und Asien wurde abgeblasen.
Büros sperren zu
Mitte 2001, als dann auch das als rentabel geltende Büro in
Spanien zusperrte, zeigte sich das Unternehmen immer noch
"optimistisch, den Break Even im ersten Quartal 2002 zu erreichen".
Im Februar dieses Jahres erklärte das Unternehmen, der für das erste
Quartal 2002 angepeilte Break-Even werde wegen verzögerter
Projektentscheidungen nicht möglich sein. Im März 2002 sperrte auch
die deutsche Tochter zu, von der sich das Unternehmen eigentlich
positive Ergebnis- und Umsatzimpulse erhofft hatte. Im Mai dieses
Jahres musste schließlich die letzte Blue C-Tochter Fundaq Konkurs
anmelden.
Den Konkurs der Mutter, der Blue C Consulting AG, selbst hat der
nunmehrige Blue C-Alleinvorstand Karl Strasser im Februar noch klar
ausgeschlossen. Ende März erwartete Strasser im E-Business-Consulting
für 2002 rund 3,8 Mill. Euro Umsatz. Zur Ertragslage sagte Strasser
damals, dass im Unternehmen nach wie vor monatlich Geld abfließe:
"Wir sind noch nicht in einer Situation, wo wir mehr Geld
hereinbekommen als wir verbrennen." Zahlen wollte Strasser dazu im
März nicht nennen.
Schon Mitte des Vorjahres war die Blue C auf eine "Todesliste"
gekommen. Die Deutsche Börse AG hatte im Vorjahr beschlossen, alle
"Penny-Stocks" - jene Aktien, die unter einem Euro notierten - aus
dem Neuen Markt. Blue C erwirkte vor Gericht eine halbjährige
Galgenfrist, zog aber schließlich im März 2002 freiwillig aus dem
Neuen Markt in den Geregelten Markt der Frankfurter Börse. Am Montag
erreichte die Blue C-Aktie ihr bisheriges Allzeittief bei 0,004 Euro.(APA)