Mistelbach an der Donau? Oder gar Marina di Mistelbach? Vor zehn Millionen Jahren wäre diese Ortsbezeichnung ganz korrekt gewesen. Damals floss die Donau von Krems Richtung Weinviertel und mündete bei Mistelbach ins Meer. Im warmen tropischen Ozean tummelten sich Haie, Seekühe und Krokodile. "Und in der Steppe ringsum mit afrikanischem Klima weideten riesige Säuger wie das Megatherium Giganteum mit vier Metern Schulterhöhe, hornlose Nashörner und Elefanten", schildert Heinz Wiesbauer die Fauna der fernen Zeit.Doch nichts bleibt, wie es ist. Das Klima wurde kälter, das Meer verschwand. Und die Donau, wild verzweigt bis zu mehreren Kilometern breit, änderte immer wieder ihren Lauf. Wiesbauer: "In Kaltzeiten schüttete der Fluss Schotterterrassen auf, in wärmeren Perioden schnitt er sich darin wieder ein. Die Sandbänke der Urdonau lieferten das Ausgangsmaterial für die Lössdecken und Sanddünen, die das Weinviertel in Niederösterreich noch heute prägen." Schon im Vorjahr war der Eigenart dieser Landschaft mit ihren ganz speziellen Pflanzen- und Tiergesellschaften eine Ausstellung in Schloss Niederweiden gewidmet, heuer wurde sie erweitert: "Donau, Dünen, Löss" zeigt, wie der "große Strom" in Jahrmillionen ein Stück Österreich formte, aber auch wie aus der Natur- eine ganz eigene Kulturlandschaft wurde. Extremspezialisten Wo sich der Sand der von der Urdonau verfrachteten Sedimente verfestigt hat, entstand Löss. Wo er lockerer blieb, bildeten sich Dünen - im östlichen Niederösterreich finden sich deshalb Steppenlandschaften, die an ganz andere Weltgegenden erinnern. Wiesbauer: "Auf den trockenen Sandrasen leben hochspezialisierte Tier- und Pflanzenarten. Sie sind an diesen extremen Lebensraum angepasst, wo auch große Temperaturunterschiede herrschen. So kann es an der Oberfläche bis zu 60 Grad Celsius haben, wenige Zentimeter im Boden sind die Temperaturen dagegen ausgeglichen." In den Gebieten mit Lössterrassen entstanden durch die Befahrung mit Pferd und Wagen und mit Ochsengespannen tief eingeschnittene Hohlwege, berichtet Wiesbauer, "die Tieren und Pflanzen ganz besondere Lebensräume bieten". In der Ausstellung in Schloss Niederweiden werden die seltenen und faszinierenden Bewohner der Hohlwege hautnah - in Makroaufnahmen, Video- und Klanginstallationen und im Rahmen eines Schaugartens - präsentiert. Darüber hinaus will die Ausstellung vor allem auch eines: aufzeigen, dass die einmaligen Lebensräume Hohlweg und Sanddüne akut vom Verschwinden bedroht sind und nur durch aktive Naturschutzmaßnahmen erhalten werden können. (DER STANDARD, Printausgabe, 10./11.08.02)