Wien - In einem eigenen "Hochwasserentschädigungsgesetz" bündelt die Bunderegierung nun die finanzielle Soforthilfe zur - teilweisen - Wiedergutmachung der Hochwasserschäden. Bis dato wurden in Summe 200 Mio. Euro vonseiten des Bundes genannt. Die Schäden gehen jedoch nach allen vorliegenden Schätzungen in die Milliarden Euro. Erwartet wird deshalb von Finanzexperten ein "Budgetüberschreitungsgesetz", um Finanzminister Karl-Heinz Grasser ein höheres Defizit 2002 zu erlauben.Eine Verschiebung der für 2003 geplanten Steuerreform verlangten nebst anderen Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer, der Linzer Volkswirtschaftsprofessor Friedrich Schneider oder Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider. Grasser sagte: "Absolute Priorität" habe die Hilfe für Hochwasseropfer. Fonds aufgestockt Im Detail soll finanzielle Hilfe für Private der zuletzt bis auf 30 Mio. Euro ausgezehrte Katastrophenfonds leisten. Dafür hat Grasser am Dienstag eine Aufstockung des Fonds, der sich normalerweise aus Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträgen speist, um 100 Mio. Euro zugesichert. Darüber hinaus sagte der Finanzminister eine Steuerfreistellung von betrieblichen Spenden zu. Auch die privaten und betrieblichen Empfänger von Spendengeldern sollen - wohl befristet - keine Schenkungssteuer entrichten müssen. Steuererhöhungen zu Finanzierung der Hochwasserschäden, wie dies Bundeskanzler Wolfgang Schüssel am Montag als eine Art Solidaritätsabgabe hatte anklingen lassen, schloss Grasser dezidiert aus. "Die Österreicher leben die Solidarität auch ohne einen Weisel von oben. Ich bin gegen verordnete Solidarität", so Grasser. Hilfe für Betriebe Zweiter Teil des Hochwasserentschädigungsgesetzes wird ein Hilfspaket für Unternehmen aus dem Wirtschaftsministerium von Martin Bartenstein sein. Ebenfalls mit rund 100 Mio. Euro soll ein dort eingerichteter Krisenfonds aus Mitteln des ERP-Fonds, der Arbeitsmarktförderung, des Mittelstandsförderers Bürges sowie der Hoteltreuhand gespeist werden. Geschädigte Betriebe können sich unter der Hochwasser-Hotline (01-71100-2266) oder unter der E-Mail-Adresse hochwasser@bmwa.gv.at über die mögliche Inanspruchnahme der Mittel aus dem Fonds informieren. Als dritte Schiene werde der so genannte Familienhärtefonds geöffnet, der bei Sozialminister Herbert Haupt angesiedelt ist, kündigte Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer an. Wie viele Mittel hier zur Verfügung stehen werden, blieb zunächst unklar. Das Gesamtpaket dürfte heute, Mittwoch, nach dem Sommer-Ministerrat von Kanzler und Vizekanzlerin den Medien präsentiert werden. Die Länder werden aufgefordert, noch nicht ausgeschüttete Wohnbaufördermittel zur Katastrophenhilfe einzusetzen. Darüber hinaus wird erwartet, dass der Bund Zins-Subventionen für Sanierungskredite von Banken gewähren wird. 500 bis 10.000 Euro Wie hoch letztlich die Hilfsgelder pro betroffenem Haushalt oder Betrieb ausfallen werden, lässt sich noch in keiner Weise abschätzen. SP-Klubobmann Josef Cap forderte 10.000 Euro pro Haushalt. Mödlhammer bezeichnete diese Summe als "hirnrissig" und sprach von 500 Euro pro überflutetem Keller und 1000 Euro für einen beschädigten Wohnraum. Absehbar sei jedenfalls, dass das Bau- und Baunebengewerbe einen kräftigen Auftragsschub erfahren werde, der gesamtwirtschaftlich gesehen Einbußen in der Landwirtschaft und im Tourismus überkompensieren wird, glaubt Wirtschaftsforscher Alois Guger. "Das Wirtschaftswachstum wird durch das Hochwasser eher beschleunigt", so Guger. Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl sprach sich für eine Ausweitung der EU-Zielgebiete aus, um Betrieben leichter finanzielle Hilfe zukommen lassen zu können. Auch Leitl ist gegen Steuererhöhungen. "Für politische Diskussionen ist jetzt der absolut falsche Zeitpunkt", so Leitl zum STANDARD. (Michael Bachner, DER STANDARD, Printausgabe 14.8.2002)