Leipzig/London - Was den Homo sapiens zum Menschen macht: vor allem die Sprache. Der aus Finnland stammende "Gen-Archäologe" Svante Pääbo und sein Team am Max Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig sowie britische Genetiker haben jetzt die Struktur des ersten "Sprach-Gens" analysiert und die Basenpaar-Sequenz bei Mäusen, Rhesus-Affen, Schimpansen, Orang-Utans, Gorillas und Menschen verglichen: Ganz geringe Unterschiede dürften offenbar zur Entstehung der Sprache geführt haben. "Sprache ist eine für den Menschen einzigartige Fähigkeit. Wahrscheinlich war sie die Voraussetzung für die Entwicklung der Kultur des Menschen. Die Fähigkeit zur Entwicklung einer artikulierten Sprache hängt von der Fähigkeiten zur Feinkontrolle der Bewegungungen von Mund und Kehlkopf ab. Das geht den Schimpansen und anderen großen Affen ab", schreiben die Wissenschafter in der neuesten Ausgabe der britischen Wissenschaftszeitschrift "Nature" (14. August). Das erste Gen, das in diesem Zusammenhang entdeckt wurde, ist FOXP2 auf dem Chromosom 7 (q31) der menschlichen Erbsubstanz. Wissenschafter haben bereits klären können, dass bei Menschen, bei denen es zu einem Schaden an dem Gen kommt, schwere Artikulationsstörungen auftreten und auch die Fähigkeit beeinträchtigt ist, grammatikalisch richtige Sätze zu bilden. Gemeinsamer Urahn Die Wissenschafter sequenzierten deshalb die FOXP2-Gene von Mäusen, Rhesus-Affen, Schimpansen, Gorillas und vom Menschen und verglichen sie. Dabei stellte sich heraus, dass die Unterschiede in den von der jeweiligen Erbsubstanz kodierten Aminosäuren ausgesprochen ging - und trotzdem entscheidend - sind: "Obwohl das FOXP2-Eiweiß zu einem hohen Ausmaß übereinstimmt, kam es offenbar zu zwei der drei Aminosäure-Unterschiede zwischen Mensch und Maus nach der Trennung der Linie des Menschen von jener der Schimpansen über einen gemeinsamen Urahnen." Möglicherweise entscheidend könnte eine Mutation an der Aminosäureposition 325 des Gens gewesen sein. Was da entstand, könnte laut den wissenschaftlichen Erkenntnissen die Voraussetzungen für die beim Menschen neuen Funktionen geboten haben: die Möglichkeit zur koordinierten und willkürlichen Feinkontrolle der Sprechorgane. Freilich, bei der zeitlichen Eingrenzung der Entstehung der "Sprach-Gene" durch Kalkulation nach den natürlichen Mutationsraten und durch Vergleiche zwischen den Arten sind die Wissenschafter um Svante Pääbo noch sehr vorsichtig: Die Fixierung im menschlichen Erbgut dürfte jedenfalls erst in den vergangenen 200.000 Jahren geschehen sein. (APA)