Forschungspolitik
Entwicklungshilfeminister fordern vor Weltgipfel EU-Agrarreform
Es sollen "nicht die kurzsichtigen Eigeninteressen einzelner Länder siegen"
Wiesbaden - Mit Blick auf den Weltgipfel für
nachhaltige Entwicklung haben die
Entwicklungshilfeminister Deutschlands, Großbritanniens, Norwegens
und Schwedens eine Reform der EU-Agrarpolitik gefordert. "Wir müssen
Druck ausüben, damit bei der EU-Agrarreform nicht die kurzsichtigen
Eigeninteressen einzelner Länder siegen", sagte die deutsche
Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) am
Donnerstag bei einer Konferenz in Wiesbaden, auf der die Minister vor
dem Gipfel ihre Zusammenarbeit abstimmten. Die jüngsten Skandale um
vergiftete Nahrungsmittel hätten deutlich gemacht, dass die
EU-Agrarpolitik nicht nur den Entwicklungsländern, sondern auch
deutschen Verbrauchern schade. Frankreich ist der größte Profiteur der EU-Beihilfen und hat die
jüngsten Vorschläge der EU-Kommission zur Reform und Senkung der
Beihilfen heftig kritisiert, während die deutsche Regierung
grundsätzlich dafür ist. Die Kommission hat unter anderem
vorgeschlagen, Direkthilfen künftig an Umweltauflagen zu koppeln und
den Landwirten eine Art Bauerngehalt zu zahlen. Die USA dagegen haben
erst vor wenigen Monaten beschlossen, ihre Agrarsubventionen massiv
zu erhöhen. Der schwedische Minister Jan Karlsson wies darauf hin,
dass Einigkeit innerhalb der EU ein wichtiger Schritt sei, um die USA
auf dem Gipfel vom 26. August bis zum 4. September zu Kompromissen zu
bewegen.
Vorwurf der Heuchelei
Wieczorek-Zeul zeigte Verständnis für die Kritik vieler
Entwicklungsländer, die den Industriestaaten Heuchelei vorwerfen,
weil diese für jeden Euro Entwicklungshilfe etwa sieben Euro in die
Agrarsubvention steckten und gleichzeitig die Entwicklungsländer zur
Öffnung ihrer Märkte auffordern. "Ein Abbau der Agrarsubventionen ist
einfach nötig, damit die Entwicklungsländer keine unfairen
Wettbewerbsnachteile haben", sagte Wieczorek-Zeul.
Die deutsche Ministerin warf der Opposition vor, die
Entwicklungshilfe im Falle eines Wahlsieges zu einem "Wurmfortsatz
anderer Politikbereiche" degradieren zu wollen. Ihre britische
Kollegin Clare Short von der Labour-Party stärkte Wieczorek-Zeul den
Rücken. Die jetzige Bundesregierung habe für einen riesigen
Fortschritt bei der deutschen Entwicklungshilfe gesorgt. "Es wäre ein
großer Verlust, wenn wir diese Perspektive aus Deutschland
verlieren", sagte Short.
Die Minister äußerten die Hoffnung, dass auf dem Weltgipfel für
nachhaltige Entwicklung in Johannesburg trotz der jüngsten
Streitigkeiten konkrete Beschlüsse gefasst und dann auch umgesetzt
werden. So forderte Wieczorek-Zeul die Industrieländer auf, sich auf
ein Datum zu verpflichten, ab dem sie den ärmsten Ländern völlig
freien Zugang zu ihren Märkten gewähren werden. (APA)