International
Selbstmordversuche unter Häftlingen auf Guantanamo
Fast 600 Männer aus 38 Ländern auf US-Stützpunkt in Kuba festgehalten - Kritik an Haftbedingungen
Washington - Selbstmordversuche von vier Gefangenen auf
dem US-Stützpunkt Guantanamo auf Kuba haben erneut Fragen zu den
dortigen Haftbedingungen aufgeworfen. Einer der mutmaßlichen Taliban-
und El-Kaida-Kämpfer habe sich die Pulsadern aufschneiden wollen,
drei weitere hätten versucht, sich mit Decken und Handtüchern zu
erhängen, sagten Vertreter des Verteidigungsministeriums am
Donnerstagabend (Ortszeit) in Washington. Die Suizidversuche seien im
Laufe der vergangen zwei Monate erfolgt. Die Haftbedingungen und der
unklare Status der Gefangenen stößt international seit langem auf
Kritik. Die USA wiesen die Vorwürfe wiederholt zurück. Angaben zu Namen und Nationalität der Männer wurden nicht gemacht.
Auch zu den möglichen Motiven äußerte sich das Pentagon nicht. "Die
Amerikaner sollten stolz auf die Soldaten sein, deren Aufgabe es ist,
die Gefangenen zu bewachen", sagte ein Sprecher der für Guantanamo
zuständigen Armeeeinheit, Oberstleutnant Joe Hoey. Sie seien bestens
ausgebildet und führten ihre Arbeit auf sehr professionelle Weise
aus.
Die Selbstmordversuche waren nicht die ersten Zwischenfälle auf
dem US-Stützpunkt. Im Februar waren Gefangene nach der Misshandlung
eines Mithäftlings in den Hungerstreik getreten. Ein Wachmann hatte
einem Gefangenen seinen aus einem Laken improvisierten Turban
gewaltsam vom Kopf gerissen, nachdem der mutmaßliche Taliban-Kämpfer
nicht auf eine Aufforderung reagiert hatte, ihn vorschriftsgemäß
abzunehmen. Die Streikenden wurden schließlich künstlich ernährt; der
Hungerstreik verlief im Sande.
Wegen der Kritik an den Haftbedingungen verwiesen die USA mehrfach
auf ihre Zugeständnisse an die Gefangenen. Demnach werden sie bei
ihrer Ankunft ärztlich untersucht. Während der Haft erhielten sie
regelmäßige warme Mahlzeiten, die nach islamischen Regeln zubereitet
werden, einen Koran sowie Waschutensilien. Außerdem hätten sie die
Möglichkeit, einen Brief an einen Angehörigen ihrer Wahl zu
schreiben. Kritik kam unter anderem von der
Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) und dem
Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK). Auch
UN-Generalsekretär Kofi Annan mahnte eine humanitäre Behandlung der
Gefangenen an und forderte die USA auf, das internationale Recht zu
achten.
Auf Guantanamo werden insgesamt 598 ausländische Gefangene
festgehalten, denen Verbindungen zu den Taliban in Afghanistan und
zum El-Kaida-Netzwerk von Extremistenführer Osama bin Laden
nachgesagt werden. Zuletzt waren Anfang August 34 Verdächtige auf die
Militärbasis gebracht worden. Die USA verweigern ihnen den Status von
Kriegsgefangenen und wollen sie vor geheimen Sondergerichten
aburteilen. (APA/AFP)