Wirtschaft
"Ernste Situation beim Telefonriesen"
Sihler will neue Akzente setzen - Verluste heuer erheblich
Bonn - Die Deutsche Telekom befindet sich nach
Einschätzung ihres neuen Vorstandsvorsitzenden Helmut Sihler in einer
ernsten Situation. "Wir müssen unsere Ergebnisse drastisch verbessern
und unsere Schulden zurückführen, damit wir wieder finanzielle
Beweglichkeit gewinnen", sagte der 72-jährige Telekom-Chef einen
Monat nach dem Rücktritt von Ron Sommer in einem Interview mit der
"Frankfurter Allgemeine Zeitung". Der Konzern werde in diesem Jahr einen erheblichen Verlust
ausweisen. Und er wage keine Voraussage, wie viele Verlustabschlüsse
die Telekom noch vorlegen werde. "Das ist kein Zustand, der auf die
Dauer tragbar ist", sagte Sihler. Der Konzern werde deshalb sein
Konsolidierungsprogramm, zu dem auch der Abbau von 22.000 Stellen
innerhalb von drei Jahren gehört, verstärken. Ziel sei eine
"Ergebnisverbesserung in Milliardenhöhe". Bis Ende 2003 will die
Telekom die Netto-Schulden von derzeit rund 65 Mrd. auf 50 Mrd. Euro
verringern.
"Akzentverschiebungen"
Der frühere Vorstandsvorsitzende des Chemiekonzerns Henkel
kündigte zudem "Akzentverschiebungen" in der Telekom-Strategie an.
Zwar werde der Telekommunikationsriese voraussichtlich an der von
Sommer entworfenen Vier-Säulen-Strategie mit den Geschäftsfeldern
Festnetz, Mobilfunk, Systemgeschäft und Internet festhalten. Doch
müsse möglicherweise in dem einen oder anderen Bereich das Engagement
zurückgefahren werden. "Wir prüfen, welche Geschäftsfelder
international aufgestellt sein müssen", sagte Sihler. Ergebnisse will
der Manager aber erst im Herbst vorlegen.
Auf die Streichliste könnten dabei nach Meinung von Beobachtern
etwa die Auslandstöchter der Internet-Sparte T-Online kommen. Denn
die Tochtergesellschaften in Frankreich und Spanien schreiben nach
wie vor rote Zahlen.
VoiceStream-Strategie auf Prüfstand
Auf dem Prüfstand steht aber offenbar auch die weitere Strategie
bei der erst im vergangenen Jahr für 34 Mrd. Euro erworbene
US-Tochter amerikanischen Mobilfunk-Tochter VoiceStream. Die
bisherige Position als sechstgrößter Anbieter auf dem US-Markt reicht
Sihler nicht. "Wir denken darüber nach, wie wir unsere Marktposition
verbessern können." Die Frage, ob die amerikanische Tochter deshalb
mit einem Konkurrenten zusammengehen werde, ließ Sihler offen.
Der Manager will maximal sechs Monate an der Spitze der Deutschen
Telekom bleiben. Doch ist ein Nachfolger offenbar noch nicht in
Sicht. Bisher sei kein Kandidat angesprochen worden, sagte der
Manager. (APA)