Kairo/Washington - Nach den neuerlichen Verstimmungen mit Saudi-Arabien in den vergangenen Wochen riskiert die US-Regierung nun auch eine Verschlechterung ihres Verhältnisses zu Ägypten, ihrem engsten Verbündeten in der arabischen Welt: Washington droht Kairo mit dem Einfrieren seiner Finanzhilfe und protestiert damit gegen eine siebenjährige Haftstrafe, die ein ägyptisches Gericht gegen den Bürgerrechtler Saad Eddin Ibrahim und dessen Mitarbeiter verhängt hatte."Dies ist eine Frage, die gelöst werden muss", gab Sean McCormack, ein Sprecher des Weißen Hauses am Donnerstag an. Die Antwort aus Kairo kam postwendend: Ägypten akzeptiere keinen Druck von außen und werde sich nicht beugen, sagte Außenminister Ahmed Maher. Ibrahim, ein 63-jähriger Soziologie-Professor an der Amerikanischen Universität in Kairo und - bis zur behördlich angeordneten Schließung im Juni 2000 - Leiter des Ibn-Khaldun-Zentrums für Entwicklungsstudien, war bereits im Mai 2001 vom Staatssicherheitsgericht zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Unerlaubte EU-Mittel Ibrahim hatte nach Auffassung der Richter für ein geplantes Studienprojekt zu den ägyptischen Parlamentswahlen im Herbst 2000 ohne Erlaubnis Finanzmittel der EU angenommen und "falsche Informationen" verbreitet. Ein Berufungsverfahren bestätigte Ende Juli das Urteil gegen den Soziologen und sechs seiner Mitarbeiter. Der Geschäftsträger der US-Botschaft in Kairo, Gordon Cray, gab offiziell seiner "Enttäuschung" Ausdruck - Ibrahim ist mit einer US-Bürgerin verheiratet und besitzt auch die amerikanische Staatsbürgerschaft. Doch die Bush-Regierung ging erst in die Offensive, als sie Anfang August durch einen Beitrag des New York Times-Kommentators Thomas L. Friedman ("Bush's Shame") öffentlich wegen ihrer massiven Finanzhilfen für Ägypten angeprangert wurde. Tatsächlich erhält Ägypten zusammen mit Israel den größten Betrag der US-Auslandshilfe - derzeit jährlich 1,9 Milliarden Dollar. Kairo soll sich zusätzlich um 130 Millionen Dollar bemüht haben, nachdem Israel ein Extrabeitrag von 200 Mio. Dollar bewilligt wurde. Diese Gunst verweigern die USA nun Ägypten. (mab, Reuters/DER STANDARD, Printausgabe, 17./18.8.2002)