Wien
Schily: Steuererhöhungen sind die falsche Debatte
Deutscher Innenminister kündigt Solidaritätsanleihe für Hochwasserschäden an
Berlin - Der deutsche Innenminister Otto Schily (SPD)
hat eine Solidaritätsanleihe zur Beseitigung der Hochwasserschäden
angekündigt. An der geplanten nationalen Anleihe "Deutsche
Solidarität" könnten sich Firmen beteiligen, sagte Schily am Montag
im ZDF-Morgenmagazin. "Das Maß der Solidarität ist erkennbar so groß,
dass jeder seinen Cent beisteuern wird." Auf europäischer Ebene sollten mit Mitteln aus dem
EU-Strukturfonds Schäden aus der Jahrhundertflut bezahlt werden. Dies
war am Sonntagabend bei einem Gipfel im Kanzleramt vereinbart worden,
an dem EU-Kommissionspräsident Romano Prodi und die Regierungschefs
der vom Hochwasser betroffenen Länder teilnahmen.
"Falsche Debatte"
Steuererhöhungen zur Finanzierung der Hochwasserschäden lehnte
Schily ab. Es sei eine "falsche Debatte", jetzt darüber zu reden.
Auch Unionsfraktionschef Friedrich Merz sprach sich gegen eine
vorübergehende Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Finanzierung eines
Aufbauprogramms aus. Ein Land mit der Wirtschaftskraft Deutschlands
müsse grundsätzlich in der Lage sein, die Beseitigung der Flutschäden
anders zu finanzieren, sagte er im Deutschlandradio.
Am Sonntagabend hatte Finanzminister Hans Eichel (SPD) einen
allgemeinen Solidaritäts-Beitrag zur Finanzierung eines
Aufbauprogramms abgelehnt. Er glaube im Moment nicht, dass "dies ein
vernünftiges Mittel ist", sagte Eichel in der RTL-Sendung "Im
Kreuzfeuer". Zunächst käme es darauf an, die genauen Schäden
festzustellen. Erst dann könne über die Finanzierung eines
Aufbauprogramms gesprochen werden. Im Moment sei eine seriöse
Schätzung jedoch nicht möglich.
Stiegler: Erstmaßnahmen
SPD-Fraktionschef Ludwig Stiegler kündigte für das Haushaltsjahr
2003 die Bereitstellung "notwendiger Erstmaßnahmen" für Flutopfer an.
Neben der Soforthilfe gelte es nun, die Infrastruktur provisorisch
wieder aufzubauen und eine "schnelle und unbürokratische
Vergabepolitik" zum Wiederaufbau zu garantieren.
Die Haushaltskommissarin der Europäischen Union, Michaele
Schreyer, hat Berichte bestätigt, wonach die vom Hochwasser
betroffenen Gebiete in Deutschland EU-Hilfen in Höhe von fünf
Milliarden Euro erhalten sollen.
Auf die Frage, ob es sich bei den Hilfen um fünf Milliarden Euro
handele, sagte Schreyer am Montag im Deutschlandfunk, "ja, ja". Die
Mittel setzten sich zum einen aus Hilfen für die Landwirtschaft und
für den Wiederaufbau zusammen. "Für die Landwirtschaft kann sehr
schnell gehandelt werden." So sollten so genannte Stilllegungsflächen
genutzt werden, um Vieh darauf zu stellen, ohne dass Prämien verloren
gingen. Im Herbst fällige Prämien könnten zudem vorgezogen werden. (APA/AFP)