Europa
114 Tote bei Hubschrauberabsturz in Tschetschenien
Ermittler finden Raketenwerfer in der Nähe des Wracks
Moskau - Die Moskauer Führung vermutet einen
Terrorakt tschetschenischer Rebellen hinter dem Tod von 114 Soldaten
beim Absturz eines Transporthubschraubers. "Hauptversion" bei der
Katastrophe des Großraumtransporters MI-26 sei "Beschuss vom Boden",
erklärte der russische Generalstaatsanwalt Wladimir Ustinow am
Dienstag im Kaukasus-Hauptquartier Chankala bei Grosny. In der Nähe
dieses Militärlagers war die Maschine am Vorabend mit brennendem
Motor aus 200 Meter Höhe auf ein Minenfeld gestürzt. An Bord seien
nach letzten Angaben 147 Menschen gewesen, von denen 33 überlebt
hätten, sagte Verteidigungsminister Sergej Iwanow. Ermittler fanden am Dienstag zudem einen tragbaren Raketenwerfer
vom Typ Strela, die von den tschetschenischen Rebellen eingesetzt
werden, wie die Nachrichtenagentur Interfax am Dienstag unter
Berufung auf russische Militärkreise meldete. Der Raketenwerfer sei
im zweiten Stock eines Gebäudes in der Nähe der Absturzstelle
entdeckt worden. "Die Ermittler haben die Waffe des Verbrechens
gefunden", zitierte Interfax einen Militärvertreter. Außerdem seien
Augenzeugen aufgetaucht, die von einem Abschuss berichteten.
Präsident Wladimir Putin hatte die Spitzen von Militär und Justiz
zur Klärung der Katastrophenursache nach Tschetschenien entsandt.
"Ich trauere um die Opfer und spreche den Angehörigen mein Beileid
aus", sagte der Kremlchef und erklärte den kommenden Donnerstag zu
einem nationalen Trauertag. Für die russische Armee war es der
schlimmste Verlust in dem seit drei Jahren andauernden Krieg gegen
die separatistische Kaukasus-Republik.
Die MI-26 sei "von zwei Raketen in unmittelbarer Nähe von Chankala
getroffen worden", sagte auch Majrbek Watschagajew, ein Vertreter des
tschetschenischen Präsidenten Aslan Maschadow, dem Rundfunksender
"Echo Moskwy". Auch im Internet bekannten sich die Rebellen zu einem
Anschlag auf den Hubschrauber.
Ustinow und Sergejew schlossen jedoch auch einen technischen
Defekt nicht aus, wie ihn auch zivile Luftfahrtexperten und die
russische Presse vermuten. Der Pilot hatte vor einer versuchten
Notlandung Feuer in einem der zwei Motoren gemeldet. Die
Flugschreiber der MI-26 wurde gefunden und zur Untersuchung in den
Armeestützpunkt Mosdok in Nordossetien geflogen. Iwanow suspendierte
den Kommandeur der russischen Heerestransportflieger, Generaloberst
Witali Pawlow, für die Dauer der Ermittlungen von seinem Amt.
Eine Überlastung der MI-26 schloss der Verteidigungsminister als
"absurd und unzutreffend" aus. "Der Helikopter kann noch viel mehr
Menschen mitnehmen", sagte Iwanow. Regulär ist die MI-26, der größte
Hubschrauber der Welt mit einer Nutzlast von 20 Tonnen, für bis zu 80
Fallschirmjäger in voller Montur ausgelegt.
Zu den Toten zählten auch drei Frauen und das Kind einer Soldatin.
Die Bergung war nach Militärangaben dadurch erschwert, dass das Wrack
in vermintem Gelände lag. In der brennenden Maschine klemmten ersten
Untersuchungen zufolge die Ladetüren, so dass sich Überlebende nicht
retten konnten. "Das ist einer der Gründe, warum so viele Soldaten
ums Leben kamen", sagte ein Offizier. Die meisten Toten waren bis zur
Unkenntlichkeit verbrannt. (APA/dpa)