Wien
Darling, ich bin am Parkplatz
Europas einziges Autokinocenter feiert 35. Geburtstag
Wien - Manche Dinge wird
Franz Lampesberger nie verstehen. Obwohl er es seit 15
Jahren versucht, "aber das ist
sinnlos. Ich komme mit der
Nachricht, dass man hier
nicht nur ein paar Wochen,
sondern von Februar bis November ,Kino unter Sternen‘
haben kann, nicht durch."
So wirklich traurig ist der
seit 36 Jahren in der Filmbranche tätige Wiener darüber aber
trotzdem nicht: Auch ohne die
Unterstützung der Medien
leidet sein Autokino an der
Wiener Stadtgrenze zu Großenzersdorf nicht unter Besuchermangel: 70.000 Besucher
jährlich, bis zu 700 Fahrzeuge
pro Nacht, begrüßt der Betreiber des einzigen österreichischen Autokinos auf seinem
dreileinwandigen Lichtspielparkplatz.
Und dass die, die nie Rad
oder Fuß nach Großenzersdorf
setzen, behaupten, ins Autokino führe man nur, um
schmierige Sexfilmchen
durch beschlagene Windschutzscheiben nicht zu sehen, stört Lampesberger deshalb nicht weiter: "Wer
kommt, weiß, dass wir, seit ich
den Betrieb vor 15 Jahren
übernommen habe, ausschließlich aktuelle Premierenfilme zeigen - wie die Kinocenter in Wien auch."
Bloß dass die ums Überleben kämpfen, während Lampesbergers Autokino heute,
Dienstag, entspannt und voller Freude das 35-jährige Betriebsjubiläum feiert. Wien,
das nur nebenbei erwähnt, hat
mit dem Drive-in-Cinema das
einzige europäische Autokinocenter.
35 Jahre, betont man am
Lichtspielparkplatz, wären
allerdings kein Grund, sich
vor antiker Ton- oder Bildtechnik zu fürchten. Der
Sound am Parkplatzkino ist so
gut wie die Stereoanlagen der
Besucher: Ganz nebenbei ist
Lampesbergers Autokino
nämlich seit 1995 Österreichs
erster Privatradiosender. Über
vier Radiofrequenzen strahlt
er den Ton seiner drei Filme
über den Parkplatz. Vier Frequenzen? "So können wir Originalversionen zeigen - wenn
das Englisch zu schwer wird,
schaltet man einfach um."
Das Autokino, betont sein
Besitzer, werde aber nicht nur
von Autofahrern besucht: Motorradfahrer, Radfahrer und
manchmal sogar pedestrische
Lobau- oder Donauinselbesucher kämen auch - und immer
wieder - nach Großenzersdorf. "Weil vielen Leuten ein
paar Wochen Kino unter Sternen einfach zu wenig sind." (Thomas Rottenberg/DER STANDARD, Printausgabe, 20.8.2002)