Die Schäden am Dresdner Zwinger und der Semper-Oper sind noch nicht annähernd abschätzbar: Die Kunstsammlung der Gemäldegalerie konnte zwar vollständig gerettet werden, leidet aber an widrigen klimatischen Bedingungen.

Dresden - August der Starke begann um 1720 damit, die Kunstkammern der sächsischen Kurfürsten systematisch auszubauen. Er hat Dresden zum weit überregional bedeutenden Kunstzentrum gemacht. Sein Herz ruht, neben den Sarkophagen von 49 sächsischen Fürsten in der Krypta der Hofkirche am Elbufer. Die Krypta ist komplett überflutet, das Herz hoffentlich gut versiegelt.

Ebenso betroffen ist Schloss Pillnitz, das August errichten ließ. Es diente früher dem sächsischen Hof als Sommerresidenz, heute beherbergt es ein Kunstgewerbemusem. Der Höhepunkt der Sächsischen Schlossbaukunst war derart arg betroffen, dass der Hochwassereinsatz zwischenzeitlich immer wieder aufgegeben werden musste.

"Praktisch alles gerettet!", kann der Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Martin Roth, berichten. Vorläufig. Gut 11.000 Teile der Skulpturensammlung im Albertinum - Hunderte Büsten und Skulpturen sowie Tausende Gipsabgüsse - und 4000 Bilder aus der Semper-Galerie - darunter Cranachs Elias und der Baalspriester und die wohl bedeutendste Sammlung italienischer Meister das 16. und 17. Jahrhunderts - konnten unter schwierigsten Bedingungen gerettet werden.

Die Notstromaggregate hielten bloß vier Stunden, die übrige Bergezeit verging bei Taschenlampen- und Kerzenlicht, sämtliche Aufzüge saßen stromlos fest. Das Depot der Gemäldegalerie Alte und Neue Meister wurde erst 1994 fertig gestellt und gilt als eines der weltweit modernsten. Es liegt in sieben Metern Tiefe unter dem Zwinger und dem Theaterplatz. Fundament und Betonwände hielten dem Druck stand. Das Wasser kam aber zuletzt von oben.

Trotz der Umstände konnten lediglich fünf Barockgemälde ihrer Ausmaße wegen nicht aus den Depots geschafft werden. Sie wurden an der Decke verzurrt - gerade einmal 30 cm über dem höchsten Wasserspiegel.

Im Moment lagern die Schätze - teilweise nur provisorisch an die stoffbespannten Wände gelehnt - in den oberen Etagen der Gemäldegalerie. Dort sind aber Temperatur und Luftfeuchtigkeit viel zu hoch, weil Klimaanlagen und die gesamte Haustechnik durch das Hochwasser zerstört wurden. "Allein sind wird überfordert", betont Kunstminister Matthias Rösler (CDU). Er sei aber überzeugt, dass nach den zahlreichen Hilfsangeboten ein erneuter Aufbau von Dresdens Kulturschätzen möglich sein wird.

Der durch Bomben zu Ende des 2. Weltkrieges total zerstörte Zwinger wurde zunächst in den 60er-Jahren mit russischer Hilfe originalgetreu wieder aufgebaut. 1992 wurde der Semper-Bau nach neuerlichen, vier Jahre dauernden Renovierungen wiedereröffnet. Neben Meisterwerken der italienischen Renaissance und des Barocks mit Raffael, Giorgione, Tizian und Corregio, ist vor allem der Dresdner Bestand an flämischen und niederländischen Meistern beachtlich: Rubens, Van Dyke, Rembrand und Vermeer.

Weder Gebäudeschäden noch die Folgeschäden an den Tausenden Objekten sind bis dato auch nur annähernd abschätzbar. Für die Gemälde sind vorrangig mobile Klimaanlagen und Klimaboxen gekoppelt mit Notstromaggregaten nötig. Münchner und Berliner Institutionen haben Hilfe zugesichert. 16 Klimatruhen schickt die Stiftung Preußischer Kulturbesitz aus Berlin.

In der Semper-Oper sind ebenfalls die Klimaanlage und vor allem die Bühnentechnik stark in Mitleidenschaft gezogen. Der Zuschauerraum war nicht betroffen. Einige wertvolle Instrumente - Flügel und Harfen - konnten aber nicht gesichert werden. Schlimm erwischt hat es das Schauspielhaus. Keller und Foyer sind komplett verschlammt. Noch will man aber unter allen Umständen an der Saisoneröffnung am 6. September festhalten. Ähnlich trotzig entschlossen gibt man sich in der Semper-Oper. Was natürlich auch finanzielle Gründe hat. Eine aufführungsfreie Woche bedeutet einen Ausfall von etwa 0,5 Millionen Euro. Trotz Grundwassereinbruchs statisch nicht gefährdet ist die Dresdner Frauenkirche. Sie sollte ursprünglich bis 2005 zur Gänze wiederhergestellt werden. (mm, APA, dpa)