Berlin/Nürnberg - Die deutsche Regierung und Bundesanstalt für Arbeit haben an die hochwassergeschädigten Betriebe appelliert, ihre Mitarbeiter nicht zu kündigen, sondern Kurzarbeit einzuführen. Die betroffenen Arbeitgeber würden in solchen Fällen mit einem Sonderprogramm von 50 Mill. Euro von den Sozialversicherungsbeiträgen entlastet, sagte Arbeitsminister Walter Riester am Dienstag in Berlin. Die Bundesanstalt für Arbeit teilte mit, an existenzbedrohte Betriebe könne Kurzarbeitergeld gezahlt werden. Riester erklärte, dass Menschen, die aus hochwasserbedingten Gründen ihrer Arbeit nicht nachgehen könnten, nicht gekündigt werden müssten. Die Arbeitgeber könnten in dieser Zeit Kurzarbeit anmelden. Auch wenn nicht gearbeitet werde, könnten die Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld in Höhe des Arbeitslosengeldes erhalten. Die Arbeitsämter zahlten in diesem Fall den entfallenden Lohn. Auf diese Weise sollten 50.000 Menschen in Beschäftigung gehalten werden. ABM-Kräfte Der Chef der Bundesanstalt für Arbeit, Florian Gerster, sagte, die flutbedingte Nichtbeschäftigung stelle ein "unabwendbares Ereignis" im Sinne der Sozialgesetzgebung dar, für das zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit an existenzbedrohte Betriebe Kurzarbeitergeld zur Verfügung gestellt werden könne. Arbeitslose, die freiwillig bei den Rettungsarbeiten teilnähmen, entstünden darüber hinaus keine Nachteile bei der Zahlung des Arbeitslosengeldes. Auch wer sich wegen unzureichender Verkehrsverhältnisse nicht rechtzeitig arbeitslos melde oder einer Einladung zur Vorsprache nicht Folge leisten könne, dürfe mit der Kulanz der Arbeitsämter rechnen. Bereits am Freitag hatte Riester eine Vereinbarung mit der Bundesanstalt für Arbeit unterzeichnet, damit 5.000 Arbeitslose in den Hochwassergebieten als ABM-Kräfte eingesetzt werden können. Der Arbeitsminister zeigte sich erfreut, dass sich bereits viele Arbeitslose bei ihren Ämtern für einen Einsatz gemeldet hätten. Dieses bis Jahresende ausgerichtete Programm hat ebenfalls einen Umfang von 50 Mill. Euro. Teilerlass von Kredite für Anlagevermögen Die Berliner Regierung präsentierte den Entwurf ihres Hilfsprogramms für von der Flutkatastrophe geschädigte Unternehmen, auf das sich das Kabinett am Montag geeinigt hatte. Unter anderem soll kleinen und mittleren Unternehmen ein erster Zuschuss von maximal 10.000 Euro pro Antragsteller gezahlt werden. Zudem plant die Regierung, gemeinsam mit den Ländern einen Teilerlass von Investitionskrediten für zerstörtes Anlagevermögen. Geschädigte Unternehmer des Mittelstands und der freien Berufe sollen über die Kreditanstalt für Wiederaufbau und die Deutsche Ausgleichsbank mit Darlehen zu besonders zinsgünstigen Konditionen unterstützt werden. Der deutsche Wirtschaftsminister Werner Müller will den Entwurf am (kommenden) Donnerstag unter Vorsitz von Bundeskanzler Gerhard Schröder unter anderem mit den Landwirtschaftsministern der betroffenen Länder sowie den Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) und des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) erörtern. "Gemeinsame Verantwortung" Die deutsche Wirtschaft trägt die wegen der Hochwasser-Katastrophe beschlossene Verschiebung der Steuerreform mit. Dies erklärten die Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) und des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Michael Rogowski und Ludwig Georg Braun, in Berlin. Allerdings treffe die Entscheidung die Wirtschaft "zur Unzeit", da sie wie eine begrenzte Steuererhöhung wirke. (APA)