Mensch
Organisch künstlich
Neue Ersatzteile sollen überbrücken, nicht ersetzen
Wien - "Künstliche Organe" - das klingt noch immer nach Sciencefiction. Doch die derzeit wichtigste Devise lautet: "Hilfe bis zur Regeneration". Volltechnische Systeme, "Hybride-Organe" sowie Zellkulturen etc. sollen einspringen, bis körpereigene Reparaturmechanismen den Schaden bewältigen. Daher lautet das Motto des Europäischen Kunstorgan-Kongresses ab 28. August in Wien auch "Bridging to Regeneration"."Das Gebiet", erläutert Udo Losert, Organisator und Biomedizinforscher am Wiener AKH, "reicht von der Dialyse über Herzpumpen, künstliche Hüftgelenke bis zu Knochen-und Knorpelmaterial, Brustprothesen, bis zu ,Kunsthaut' und Innenohrimplantaten", so Losert. Statt Ersatzorganen würden heute realistischere Projekte verfolgt, die diverse Verfahren inklusive "Stammzelltechnik" kombinierten.
Beispiele dafür gebe es bereits: "Durch die mittelfristige Anwendung von Pumpen zur Unterstützung des Herzens konnte bei einigen Patienten sogar schon eine Genesung des Organs nachgewiesen werden. Das war zum Beispiel bei Patienten der Fall, bei denen im Rahmen von Autoimmunerkrankungen die künstliche Blutpumpe mit einer Blutwäsche zur Entfernung der aggressiven Auto-Antikörper kombiniert wurde."
Zudem gebe es auch schon echte biologische Kunstorgane, berichtet Losert: "Das gelingt bei großflächigen Implantaten, etwa bei der Haut. Ein echter Fortschritt, aber keine echte Haut, weil der spezifische Aufbau in verschiedenen Schichten fehlt."
Trotz allem sei es noch ein weiter Weg von der Züchtung einzelner Zellen oder von Zellverbänden bis hin zu "Organteilen" oder gar ganzen Organen mit Blutgefäß- und Nervenversorgung, sagt Udo Losert.
Ein echtes "Kunstorgan-Projekt" stellen spezifische extrakorporale Blutreinigungssysteme dar, mit denen ganz gezielt einzelne schädliche Substanzen beseitigt werden können. Sie wurden in Österreich unter anderem am Ludwig Boltzmann Institut für herzchirurgische Forschung und der Donau-Uni Krems von den Teams um Dieter Falkenhagen und Heinz Schima entwickelt.
"Das ist die Kombination eines Dialysesystems mit einer speziellen Adsorber-Technologie", erläutert Losert. "Über einen eigenen Blutplasmakreislauf kann man gezielt Entzündungsfaktoren aus dem Blut entfernen, die das Multiorganversagen bei einer Sepsis auslösen können." (APA, rosch, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.8.2002)