Netzpolitik
Hollywood hat Angst vor Internet-Piraten
Täglich bis zu 600.000 Downloads - Monitoring-Technik fahndet nach Web-Sites mit illegalen Kopien
Nach der Musikindustrie zittert auch die
Filmbranche vor dem massiven Download illegaler Kopien im Internet.
Nach Schätzungen von Beobachtern wie der Beratungsfirma Viant werden
jeden Tag 400.000 bis 600.000 Filmdateien illegal aus dem globalen
Computernetz heruntergeladen. Das ist zwar noch weit entfernt von den
drei Milliarden Musikstücken, die auf dem Höhepunkt der Napster-Welle
allein über diese Plattform ausgetauscht wurden. Aber Hollywood sorgt
sich, dass die zunehmende Verbreitung von Breitband-Zugängen wie DSL
und die Verbesserung von Techniken zur Datenkompression einer
allgemeinen Video-Piraterie Tür und Tor öffnen könnten.Panikmache?
"Unsere Branche kann im selben Ausmaß geschädigt werden wie die
Musikindustrie", warnt Ken Jacobsen, der sich beim amerikanischen
Verband der Filmproduzenten
(MPAA)
um den Kampf gegen
Urheberrechtsverletzungen kümmert. Mit einer eigenen Suchmaschine
fahndet die MPAA nach Download-Sites für Filme. Dabei wird eine
spezielle Monitoring-Technik der Firma Ranger Online in San Diego
eingesetzt, mit der die IP-Adresse der mutmaßlichen Video-Piraten
ermittelt wird - jeder an das Internet angeschlossene Computer hat
eine solche eindeutige Nummer, die von den Internet-Providern
vergeben wird. Über die Internet-Provider der so gefundenen
Web-Auftritte wurden seit Anfang vergangenen Jahres mehr als 100.000
Mahnschreiben mit der Aufforderung verschickt: Löschen Sie die
urheberrechtlich geschützten Dateien oder wir werden Ihnen kündigen!
Widerstand
Wie oft diese Drohung wahrgemacht wurde, kann der Verband nicht
sagen. In mindestens einem Fall hat sich ein Betroffener jedoch zur
Wehr gesetzt: Im April verklagte der kommerzielle Anbieter
internetmovies.com
aus Hawaii die MPAA, weil der Verband mit dem
Brief an seinen Provider und der folgenden Abschaltung der Dienste
seine Geschäfte beeinträchtigt habe. Jacobsen erklärte, die MPAA
werde ihre Sache vor Gericht mit aller Entschiedenheit vertreten.
Kritik
Kritisiert wird die MPAA-Praxis aber auch von der Electronic
Frontier Foundation
(EFF)
, einer Art Bürgerrechtsvereinigung für das
digitale Zeitalter. "Hollywood setzt Dritte unter Druck, damit sie
ihre Polizeiarbeit erledigen", sagt EFF-Aktivist Fred von Lohmann.
"Das war nie die Absicht des Urheberrechtsgesetzes." Nach Auffassung
der MPAA haben die Internet-Provider jedoch selbst ein Interesse
daran, gegen Film-Piraten unter ihren Kunden vorzugehen. So wollten
sie sich zum einen keinen Schadensersatzansprüchen aussetzen. Und zum
anderen sei ihnen der große Verbrauch von Netzkapazitäten durch den
Transport der Filmdaten ein Dorn im Auge.
Vorgehen
Seit kurzem geht auch AOL Time Warner entschlossen gegen die
Filmpiraten vor - schließlich ist der Konzern gleichzeitig
Internet-Provider wie Filmproduzent. Die Breitband-Abteilung des
Konzerns hat damit begonnen, alle Kunden zu ermitteln, die regelmäßig
übermäßig große Dateien transportieren - hier handelt es sich mit
einiger Wahrscheinlichkeit um den Austausch von digitalen Filmen.
"Wir blockieren nicht den Zugang zu irgendwelchen Web-Sites", sagt
Mark Harrad von Time Warner Cable. "Aber wir kümmern uns um Leute,
die gegen die Nutzungsbestimmungen verstoßen."
Neue Kopierschutzversuche
Auf Betreiben der Filmindustrie wird zurzeit auch heftig über
technische Lösungen nachgedacht, wie das Aufnehmen von Filmen mit
einem DVD-Recorder und der anschließende Versand im Internet
verhindert werden kann. So soll ein elektronischer Marker, "Broadcast
Flag" genannt, verhindern, dass bestimmte Filmsendungen digital
aufgezeichnet werden können. Allerdings gibt es da noch einige
technische und rechtliche Probleme zu lösen. Die amerikanische
Behörde für Telekommunikation (FCC) hat den beteiligten Parteien eine
Frist bis zum 30. Oktober gesetzt, sich zur Einführung der "Broadcast
Flag" zu äußern. (APA)