STANDARD:
Sie streiten gerade mit der IP über Ihre Vermarktung mit der RTL-Familie. Wann steigen Sie aus?
Josef Andorfer:
Bisher hatten wir einen unbefristeten Vertrag, jetzt nur noch einen für 2002/03. Damit ist ein geordneter Ausstieg möglich. Ich will dann raus, wenn die Vermarktungsleistung der IP weiter für RTL 2 unbefriedigend ist. Sie verkauft RTL 2 nicht so gut wie RTL und Vox.
STANDARD:
Sie haben Reality-TV in Deutschland eingeführt, setzen jetzt massiv auf asiatischen Zeichentrick, beides für junge Zielgruppen. Wie passt dazu ein Sender voller Telenovelas, wie Sie ihn planen?
Andorfer:
Alle weiblichen Studentinnen in meinem Umfeld haben das damals gesehen. Und: Wir wären blöd, würden wir damit die RTL-2-Zielgruppe ansprechen.
STANDARD:
Auch in Österreich sichtbar?
Andorfer:
Wir verhandeln mit den Kabelbetreibern. Wir haben der IP die Vermarktung angeboten, und sie lässt sich Zeit. Der Start verzögert sich so auf zweites Halbjahr 2003.
STANDARD:
In der Werbekrise kommt Ihnen das entgegen.
Andorfer:
Die Zielgruppe, Haushaltsführende, gibt auch jetzt Geld für Lebens- oder Waschmittel aus.
STANDARD:
Haben Sie hier auf der Telemesse einen Trend unter den Sendern entdeckt?
Andorfer:
Nachmachen.
STANDARD:
Wer wen?
Andorfer:
Vox macht RTL 2 nach, RTL ebenso . . .
STANDARD:
RTL 2 hatte "Popstar", "Teenstar" . Hat RTL mit "Pop Idol" noch Chancen?
Andorfer:
Ich wünsche RTL damit alles Gute. Ich hätte es nicht als vierte Reprise gemacht. Die Marktforschung sagt uns: Die Jungen wollen was Neues.
STANDARD:
Was?
Andorfer:
Wir machen "Under Construction" (Dokusoap über Hausbau, Anm.) und eine Chartshow.
STANDARD:
Verstehen Sie, dass Ihr Bruder Markus zu ATV ging?
Andorfer:
In seinem Alter hätte ich auch eine Herausforderung gesucht. Eine heftige Herausforderung. Die bietet ATV.
STANDARD:
Sie haben bisher österreichischem Privatfernsehen wenig Chancen gegeben.
Andorfer:
Ich glaube auch heute, das rechnet sich nicht wirklich.
STANDARD:
Warum hat sich ATV-Gesellschafter Herbert Kloiber, auch an RTL 2 beteiligt, um die Lizenz beworben?
Andorfer:
Das müssen Sie ihn schon selber fragen. Ich bin immer davon ausgegangen, dass der ORF seine Marktanteile hält. Jetzt läuft ihm das junge Publikum davon. Das erhöht die Chancen.
STANDARD:
Wie steht es mit regionalem Privat-TV?
Andorfer:
Ballungsraumfernsehen hat in Deutschland nicht funktioniert. Warum sollte es in Österreich funktionieren? (Harald Fidler, DER STANDARD, Printausgabe vom 21. 8. 2002)