Wien - Die österreichischen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) ziehen wenige Tage vor dem Start des Umweltgipfels in Johannesburg eine ernüchternde Bilanz: Von den vor zehn Jahren auf der Umweltkonferenz von Rio de Janeiro verabschiedeten Konventionen - vor allem zu Armutsbekämpfung, Klimaschutz, Artenvielfalt und Landwirtschaft - sei bisher kaum etwas umgesetzt worden. Von der Nachhaltigkeit seien die Industriestaaten inklusive Österreich nach wie vor weit entfernt. "Die ökologische und soziale Lage ist zehn Jahre nach Rio eher schlechter als besser", sagt Judith Zimmermann, Sprecherin der Arge Entwicklungszusammenarbeit. Sie zweifelt an einem Erfolg des kommenden Montag startenden Umweltgipfels. Die NGOs legen sich die Messlatte für einen Erfolg des Umweltgipfels hoch: Sie fordern eine konkrete Deklaration zur Umsetzung von Nachhaltigkeit sowie einen konkreten Aktionsplan für die in Rio beschlossene Agenda 21. Die Aussichten dafür sind aber alles andere als rosig, meint Gerald Dick vom Ökobüro, der Koordinierungsstelle der Umweltorganisationen: Rund ein Drittel des Vertragstextes sei wenige Tage vor Beginn der Konferenz noch völlig umstritten, die entsprechenden Passagen stünden im Entwurf in zahllosen Klammerausdrücken. Betroffen sind davon laut Dick vor allem die Bereiche Klimaschutz, Handel und Finanzen. Dabei gehe es auch um die Komplexe Entwicklungsfinanzierung und Marktzugang für Dritte-Welt-Länder. "Fast alles, wo quantitative Ziele formuliert sind, steht derzeit in Klammern", so Dick. Grundsätzlich habe es für die NGOs aber durchaus Sinn, auch so zähe Prozesse wie die Umsetzung der Rio-Konventionen mitzubegleiten. Wenigstens könne man dann Lobbying machen und Themen in Abkommen hineinreklamieren. Sollte der Umweltgipfel allerdings ohne konkrete Ergebnisse bleiben, dann sei die Nachhaltigkeit wohl gestorben. Dick: "Dann hat es keinen Sinn mehr, eine Leiche künstlich zu beatmen". (rose/DER STANDARD, Printausgabe, 21.08.2002)