Dresden - Nur ein Fünftel der Deutschen wohnen in Ostdeutschland, aber ihre Stimmen können wahlentscheidend sein. Hier haben sich rund ein Drittel der Wähler noch nicht festgelegt, während in Westdeutschland knapp zwanzig Prozent noch unentschieden sind. "Die Ostdeutschen werden sich wie 1998 wieder an der Mehrheitsmeinung orientieren", meint Meinungsforscher Manfred Güllner. Außerdem gebe es hier keine Parteienbindung.Durch die besondere Situation aufgrund der Hochwasserkatastrophe sieht Bundeskanzler Gerhard Schröder bessere Chancen. Die Wahlkampfauftritte in den von den Fluten betroffenen Regionen hat Schröder zwar abgesagt, aber er kommt trotzdem: um mit Bürgermeistern und Landräten über die Verteilung der Hilfe zu sprechen. Auch die Präsentation des Porsche-Geländewagens in Leipzig am Dienstag ließ sich der SPD-Politiker nicht entgehen. "Schließlich geht es dabei um Arbeitsplätze im Osten." Im Kanzleramt wird damit gerechnet, dass Gerhard Schröders Kriseneinsatz honoriert wird, zumal das Denken, der Staat werde alles richten, in diesem Teil Deutschlands sehr ausgeprägt ist. Die SPD hofft außerdem darauf, dass der PDS der Rücktritt der Galionsfigur Gregor Gysi in der Wählergunst schadet. Sie setzt deshalb massiv auf einen Einsatz der Lokalpolitiker vor Ort, zumal die SPD in den neuen Bundesländern 1998 fast alle Wahlkreise direkt gewonnen hat. Die Union setzt in dieser Region weniger auf ihren Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber, weil dieser wegen der Klage Bayerns gegen den Finanzausgleich, von dem die neuen Bundesländer profitieren, schlecht ankommt. Dafür ist umso mehr Lothar Späth im Einsatz. Und der bekommt häufig zu hören: "Sie sind ja in Ordnung, aber der Stoiber nicht." (DER STANDARD, Printausgabe, 22.8.2002)