Bild nicht mehr verfügbar.

Verärgerte Saudis - im Bild Außenminister Saud al-Faisal - wollen zunehmend nicht in den USA investieren.

Foto: EPA/Naamani
New York/Riad/London - Anleger aus Saudi-Arabien haben aufgrund von Terrorismus-Vorwürfen umfangreiche Mittel aus den USA abgezogen, berichtet die Londoner Zeitung Financial Times. Sie zitiert den Mitarbeiter des saudischen Council on Foreign Relations, Youssef Ibrahim, nach dessen Einschätzung in den vergangenen Monaten mindestens 200 Mrd. Dollar von saudischen Privatanlegern aus den USA rausgenommen wurden. Bankvolkswirte schätzen das Volumen der abgezogenen Mittel hingegen auf 100 Mrd. Dollar. Warum dies so ist, wurde zuvor in einem Artikel der saudi-arabischen Tageszeitung Al-Watan so begründet: Die privaten Investoren und institutionellen Anleger befürchten, dass ihr Geld in den USA wegen der jüngst eingebrachten Klage von mehr als 600 Angehörigen von Opfern der Terroranschläge des 11. September konfisziert werden könnte. Investitionsvolumen von 700 Milliarden Insgesamt hätten laut den saudischen Quellen saudische Anleger rund 700 Milliarden Dollar in den USA investiert. Laut FT gebe es nur ungenaue Informationen über die Investitionen; Analysten veranschlagen sie auf lediglich 400 bis 600 Mrd. Dollar. Die Mittel sind in Aktien, Anleihen und Immobilien angelegt. Die Vorsitzenden zweier großer Investmenthäuser forderten die Anleger nun auf, ihr Vermögen aus den USA abzuziehen, falls der US-Richter die Klage annehmen sollte. Diese Einschätzung wird auch in der FT von Youssef Ibrahim bestätigt. Das Verhältnis zwischen Saudi-Arabien und den USA sei nach den Anschlägen im September 2001 schwieriger geworden, da 15 der 19 Flugzeugentführer Saudis waren. Aber auch die vermögende Oberschicht des Landes ist zunehmend verärgert über Aussagen etwa aus dem Pentagon, wonach das Scheichtum "Keimzelle des Bösen" wäre. Verklagt wurden jetzt Osama Bin Ladens wohlhabende Familie, mehrere saudische Institutionen und Banken, Wohltätigkeitsorganisationen und Mitglieder der königlichen Familie, drei Prinzen sowie die Regierung des Sudan. Verlangt wird Wiedergutmachung im Umfang von mehr als 365 Milliarden Dollar. Nach Expertenmeinung könnten die Forderungen sich schließlich auf mehr als eine Billion Dollar belaufen. Die Erfolgschancen gelten als gering. "Kein Vertrauen mehr" Mit einem kompletten Abzug rechnen die Analysten laut FT nicht, aber es sei doch eine Diversifikation der früher fast ausschließlich bei US-Banken veranlagten Gelder auch nach Europa zu verzeichnen. Die Verschiebung der saudischen Mittel könnte zur jüngsten Abwertung des US-Dollar beigetragen haben. Der Finanzberater Bishr Bakhet mit Sitz in Riad wird mit den Worten zitiert: "Sollte die Klage nicht vom Gericht abgewiesen werden, gibt es kein saudisches Geld mehr in den USA. Die Menschen hier haben weder Vertrauen in die US-Wirtschaft noch in die US-Außenpolitik." (vwd, red/DER STANDARD, Printausgabe, 22.8.2002)