Entschädigt soll werden, wer durch das Hochwasser "existenziell" in seinem Wohnbedürfnis geschädigt wurde: so genannte Hauptwohnsitzer also. Kein Geld soll bekommen, wer, neben dem teilweise oder ganz zerstörten Domizil, noch eine weitere Wohnung hat: die "Zweitwohnsitzer". So sehen es die Richtlinien für die Entschädigung aus den Bundes-und Landeskatastrophenfonds vor. Gerecht, könnte man sagen: Wer den Folgen des Wassers, das ihm bis zum Hals gestanden hat, nicht ausweichen kann, benötigt raschere, bare Hilfe als sein "privilegierter" Wochenendnachbar.In Niederösterreich wurden diese Richtlinien aufgeweicht. Zwar habe man vor, jeden "Zweitwohnsitzerfall" einzeln zu prüfen, doch auch "das Wohnbedürfnis eines nahen Angehörigen" werde sich in bis zu 20-prozentigen Entschädigungszahlungen niederschlagen, heißt es. Eine Maßnahme, wie sie - mit dem Unterton gezielter Empörung - schon davor der Wiener FP-Chef Hilmar Kabas einforderte: ein populistischer Schritt? Nicht unbedingt. Die niederösterreichische Großzügigkeit dürfte in erster Linie als Konzession an jene Hand voll Gemeinden mit hohem Anteil von Nebengemeldeten zu verstehen sein, die von den Überschwemmungen betroffen wurden. Orte wie Gars am Kamp etwa, wo ein Drittel der Bevölkerung aus Teilzeitbewohnern besteht. Wo es der Bürgermeister und die lokalen Schadenkommissionen angesichts der relativ großen Zahl Betroffener also schwer haben dürften, die harte Aschenputtellinie zu fahren. Außerdem, so wird in St. Pölten versichert, schmälere das Geld für Weekend-Mitbürger die zur Verfügung stehende Entschädigungsumme für Hauptgemeldete nicht: Der Topf mit den 1,5 Milliarden Euro Katastrophenhilfe sei nicht gedeckelt. (DER STANDARD, Printausgabe 22.08.2002)