Graz - Was vielfach vermutet, ja befürchtet wurde, legten fünf angeklagte Futtermittelvertreter am Mittwoch vor dem Grazer Gericht offenherzig dar: Sie hätten sich eigentlich nichts dabei gedacht, als sie hochgefährliche Impfstoffe, Hormone und Arzneien an heimische Bauern verkauft hätten. Und großteils auch keine Ahnung, wie diese Chemikalien, die sie zum Teil vom verurteilten bayrischen Tierarzt Roland Fechter bezogen hatten, anzuwenden seien. Sie hätten sich da auf die Eigendiagnosen der Bauern verlassen. Die Landwirte seien wegen der niedrigen Fleischpreise unter Druck geraten und hätten von ihnen billige Medikamente verlangt, rechtfertigten sich die Angeklagten.
In dieser dritten Verhandlung im steirischen "Schweinemastskandal" wurde einmal mehr vor Gericht dokumentiert, was geahnt, aber von der offiziellen Bauernvertretung stets erbost dementiert wurde: dass nämlich in der Tiermast vielfach ohne Kontrolle und ohne tierärztliche Aufsicht große Mengen an gefährlichen Arzneien eingesetzt wurden.
Die angeklagten Futtermittelhändler hatten eigenen Angaben zufolge keinerlei Bedenken dabei, als sie die Arzneiware - Richter Helmut Krischan nannte die Praktiken "wie bei den Suchtgiftlern" - auf Autobahnraststätten handelten. Skrupel seien auch deshalb nie aufgekommen, "weil im Schlachthof nie etwas gefunden worden ist", argumentierte einer der Angeklagten.
Der Prozess wurde vertagt, um die tatsächliche Gefährdung der Tiere zu klären. (mue/DER STANDARD, Printausgabe 22.08.2002)
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