Hamburg - Fließbänder stehen still, Arbeiter werden durch defekte Maschinen verletzt und Millionen Kundendaten gehen verloren. Solche Horrorszenarien durch den Jahr-2000-Computerfehler verunsichern nicht nur große Unternehmen. Im Mittelpunkt vieler Betriebe steht schon jetzt eine Frage: Wer soll das alles bezahlen? Von den Versicherungen ist unter Umständen nicht allzu viel zu holen: Eine allgemeine Versicherung gegen Schäden durch das Jahr-2000- Problem gibt es nicht. „Da letztlich niemand weiß, was passieren wird, ist den Versicherungen eine pauschale Risikoübernahme zu hoch“, sagt Hermann Geiger von der ERC Frankona Rückversicherungs-AG. Das Problem ist vergleichbar mit Häusern in einem Hochwassergebiet.

Manche Schäden durch Haftpflicht gedeckt

Für Sach- oder Personenschäden durch das Jahr-2000-Problem könnte aber nach Angaben der Allianz-Versicherungs AG die Haftpflichtversicherung aufkommen. Wenn beispielsweise eine Produktionsmaschine in einem Unternehmen durch das Jahr-2000-Problem kaputt geht und einen Arbeiter verletzt, würden diese Schäden von der Haftpflichtversicherung bezahlt. Gerät ein Haus durch einen Jahr-2000-Defekt in Brand, greift die Feuerversicherung. Für reine Vermögensschäden, beispielsweise durch Produktionsausfälle infolge des Jahr-2000-Problems, kommt die Haftpflichtversicherung aber nicht auf. „Jeder Versicherte ist daher selbst gefordert, alle absehbaren Schäden zu verhindern“, sagt Allianz- Sprecher Martin Bendrich. Die meisten Versicherungen haben ihre Kunden in den vergangenen Monaten mit Broschüren, Checklisten und Vorschlägen für Notfallpläne auf das Problem aufmerksam gemacht. Letztlich kommt es allerdings auf die genauen Vertragsbedingungen an. Die Münchner Rechtsanwältin Karin Wollner rät daher, rechtzeitig bei den Versicherungen nachzuhaken und die Deckungssummen zu überprüfen. Vorsichtshalber sollte jeder Versicherte seiner „Sorgfaltspflicht“ nachkommen, also alles unternehmen, um Schäden durch den Jahr-2000-Fehler zu verhindern. Kann die Versicherung im Nachhinein beweisen, dass der Versicherte sich überhaupt nicht um das Jahr-2000 Problem gekümmert hat, könnte er Probleme bekommen. „Nicht nur von großen Firmen wird erwartet, dass sie ein Jahr-2000-Projekt und einen Jahr-2000-Beauftragten haben“, sagt Geiger.

Mögliche Schäden sind nicht quantifizierbar

Grundsätzlich ist der finanzielle Schaden durch das Jahr-2000- Problem kaum abzusehen. „Die möglichen Schäden lassen sich weder für die gesamte Volkswirtschaft noch für bestimmte Kundengruppen zuverlässig quantifizieren“, heißt es bei der Allianz. Die weltgrößte Rückversicherung Münchener Rück rechnet aber nicht mit dramatischen Problemen. „Wir haben die finanziellen Auswirkungen im Griff“, versicherte Vorstandschef Hans-Jürgen Schinzler bei der Bilanz- Pressekonferenz im Juni. Der Konzern rechne mit höchstens mehreren hundert Millionen Mark Belastung, die sich auf drei bis fünf Jahre verteilen. Auch die Justiz wird sich nach Ansicht der Rechtsanwältin Wollner noch lange mit dem Problem beschäftigen müssen. „Es gibt bislang einfach noch kein vergleichbares Ereignis. Viele Streitfälle werden daher erst im Nachhinein durch die Rechtsprechung geklärt. (dpa)