Bild nicht mehr verfügbar.

Leni Riefenstahl neben einem Poster zu ihrem Film "Das blaue Licht".
Foto: APA/dpa/Muechler

Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: REUTERS/Alexandra Winkler
Berlin - Zum 100. Geburtstag der Regisseurin Leni Riefenstahl am Donnerstag haben namhafte KollegInnen das künstlerische Talent der Deutschen gewürdigt. Volker Schlöndorff und Paul Verhoeven zollten ihr in der Tageszeitung "Die Welt" Bewunderung. "Basic Instinct"-Regisseur Verhoeven schrieb Riefenstahl bahnbrechende Wirkung zu als Regisseurin des Films "Triumph des Willens" über den Reichsparteitag der NSDAP in Nürnberg im Jahr 1934. Der während der deutschen Besatzung aufgewachsene Holländer sagte, der Film sei "so innovativ und intelligent, dass ich Riefenstahl als eine der begabtesten Künstlerinnen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einstufen würde". Schlöndorff: "Man kann nicht umhin, sie zu bewundern" Riefenstahl sei damals genauso verführt gewesen wie andere prominente Zeitgenossen, ob Martin Heidegger, Ezra Pound oder C. G. Jung, meinte Verhoeven. "Deshalb verwehre ich mich strikt dagegen, Leni Riefenstahl anders zu behandeln. Es ist nicht nachzuvollziehen, weshalb sie nach dem Krieg keine neue Chance mehr bekam im Gegensatz zu einem Herbert von Karajan, um nur einen Fall von vielen zu nennen." Riefenstahl habe den Sündenbock spielen müssen, weil sie eine Frau sei. "Im judäochristlichen Denken ziemt es sich nicht für eine Frau, öffentlich ihre Stimme zu erheben", erklärte Verhoeven. Schlöndorff sagte über Leni Riefenstahl: "Man kann nicht umhin, sie zu bewundern, sowohl für ihre Vitalität, als auch für das, was sie künstlerisch geschaffen hat." Er fügte hinzu: "Aber es ist immer ein Risiko, wenn sich einE KünstlerIn einen Förderer aussucht. Das war schon bei den Medicis im Mittelalter so." Was sehr für Riefenstahl spreche, sei, dass sie ab 1939 keine Filme mehr für die nationalsozialistische Partei gedreht habe. Große Herausforderung für Jodie Foster Jodie Foster hält die Rolle der Leni Riefenstahl für die wohl größte Herausforderung ihrer Schauspielerkarriere, wie sie in der "Welt" schrieb. "Sie war vielleicht einer der wichtigsten FilmemacherInnen aller Zeiten, und trotzdem wird ihr Werk für alle Zeiten mit den Schrecken des nationalsozialistischen Deutschlands verbunden bleiben. Mein Film wird eine moralisch sehr komplizierte Geschichte zu erzählen haben." Philipp Stölzl, Regisseur von Musik-Videos mit Madonna und Marius Müller-Westernhagen, schrieb, Riefenstahl sei eine bedeutende Filmemacherin, "und das kann ich völlig unabhängig davon sehen, dass sie in ihren Methoden skrupellos war." Ihn irritiere es nach wie vor, "dass eine offensichtlich intelligente junge Frau sich derart mit kulturlosen Halsabschneidern einlassen konnte." Eine Wahrheit des Kinos bestehe aber auch darin, dass irgendwann das Licht aus und der Film los gehe und man die Umstände vergesse, unter denen die Bilder entstanden sind. Der Werbefilm sei zu weiten Teilen von Riefenstahl beeinflusst, was sich im Mystifizieren und Dramatisieren von Dingen zeige, sei es ein Trainingsschuh oder ein Auto. Staatsanwalt beginnt Ermittlungen Gegen Leni Riefenstahl ist ein Strafverfahren eröffnet worden. Das meldet der Rom e.V., der "Gemeinnützige Verein für die Verständigung von Rom und Nicht-Rom", in Köln. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft habe unter dem Aktenzeichen 6101Js225432/02 die Ermittlungen gegen die umstrittene Filmregisseurin aufgenommen. Die Staatsanwaltschaft folgt damit dem Strafantrag von Rom wegen Holocaustleugnung. Riefenstahl behauptet, dass "wir alle Zigeuner, die im Film 'Tiefland' mitgewirkt haben, nach Kriegsende wiedergesehen haben". Niemanden von den Statisten sei etwas passiert. Rom e. V. bezeichnet dies als "infame Lüge". Riefenstahl habe 120 Sinti und Roma als ZwangsarbeiterInnen für ihre Dreharbeiten missbraucht. Die meisten seien in Vernichtungslagern ermordet worden oder an den Haftbedingungen zugrundegegangen. Laut Rom e. V. handelt es sich um das erste Verfahren, das in der Nachkriegsgeschichte gegen Riefenstahl eröffnet wird. Mit einer Entscheidung nach Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen - Prüfung des Beweismaterials und Anhörung von Leni Riefenstahl - rechnet der Verein spätestens im November dieses Jahres. Riefenstahl will nicht mehr lange leben Die 100-jährige Leni Riefenstahl fühlt sich nach eigenen Worten "krank und müde" und möchte nicht mehr lange leben. "Bei den ständigen Schmerzen, die ich habe, wäre der Tod für mich eine Erlösung", sagte die umstrittene Filmemacherin der Illustrierten "Neue Revue". "Ich möchte einschlafen, mich wohl fühlen und dann geht es zu Ende. Ade. Das muss sehr schön sein", sagte sie. Seit Jahren leidet Riefenstahl an den Folgen einer Hüftoperation. "Damit fing das Elend an", sagte die Regisseurin. "Ich habe über 50 Operationen hinter mir. Alles in meinem Körper ist irgendwann schon einmal operiert." "Hab nur nie vergessen zu atmen" Wie Riefenstahl weiter sagte, erhält sie mehrmals täglich Morphium-Spritzen, um die Schmerzen zu ertragen. "Mein Kopf ist durch das Morphium geschädigt. Es macht, dass ich vieles vergesse." Einen Selbstmord wolle sie den Menschen, die ihr nahe stehen, nicht zumuten. "Ich will sie nicht unglücklich machen, wenn ich mich umbringen würde." Tipps für ein langes Leben konnte Riefenstahl nicht geben: "Ich habe kein Geheimnis. Ich habe nur nie vergessen zu atmen." Nach ihrem Tod würde Riefenstahl nach eigenen Worten Adolf Hitler nicht wieder begegnen wollen. Die Regisseurin hatte mehrere Filme im Auftrag des NS-Regimes gedreht und war deshalb Zeit ihres Lebens umstritten. "Was in Deutschland passierte und geschah, woran Hitler schuld ist, ist so grauenhaft, dass ich ihm wirklich nie mehr begegnen möchte." Sie würde ihm im Jenseits aus dem Weg gehen, sagte die 100-Jährige. Sie sei überzeugt, dass Hitler schizophren gewesen sei.(APA/AP)