Physiker und Positronium-Entdecker Martin Deutsch gestorben
1934 aus Wien emigriert - Mitarbeit bei "Manhattan Projekt" zur Entwicklung der Atombombe
Redaktion
,
New York - Der Entdecker des Positroniums, Martin Deutsch,
ist am 16. August in Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts im
Alter von 85 Jahren gestorben. Der in Wien geborene Physiker war 1934
nach Widerstand gegen die Austrofaschisten aus Österreich in die
Schweiz und anschließend mit seiner Familie in die Vereinigten
Staaten emigriert.
Deutsch studierte am Massachusetts Institute of Technology
(M.I.T.) Physik. Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete er am so
genannten Manhattan Projekt in Los Alamos in New Mexiko zur
Entwicklung der Atombombe mit. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte er
sich gemeinsam mit Kollegen des "Manhattan Projekts" gegen die
Verbreitung von Nuklearwaffen ein, heißt es in einem Nachruf in der
"New York Times".
Atomähnliches Gebilde
1951 konnte Deutsch am M.I.T. die Existenz des Positroniums
nachweisen, ein wasserstoffartiges Atom. Darüber waren bereits zuvor
Theorien veröffentlicht worden. Postuliert wurde es 1928 vom
britischen Physiker Paul Adrien Maurice Dirac, der 1933 gemeinsam mit
dem Österreicher Erwin Schrödinger den Nobelpreis zuerkannt bekam.
Das Positronium sollte ein atomähnliches Gebilde sein, wobei ein
Elektron - anstatt um ein schweres Proton - um sein eigenes
Antiteilchen, ein Positron, kreist.
1956 konnte Deutsch erstmals nachweisen, dass das seltsame Gebilde
tatsächlich existieren kann, wenngleich nur für den Bruchteil einer
Sekunde. Für sein Arbeiten zum Positronium wurde er auch für den
Nobelpreis in Physik nominiert, erhielt ihn aber nicht. Seine
eigentliche Berufung sah er allerdings nach eigenen Aussagen mehr in
der Lehre als in der Forschung. Von 1973 bis 1979 leitete Deutsch das
Labor für Nuklearphysik am M.I.T.
Deutsch kam aus einer Familie von Wiener Juden. Seine Mutter
Helene war Professorin für Psychiatrie an der Universität Wien und
Schülerin von Sigmund Freud. In Wien und später in Boston verlieh sie
der von Freud entwickelten patriarchal geprägten Psychoanalyse auch
weibliche Aspekte.
Als Jugendlicher war Martin Deutsch im Widerstand gegen die
Austrofaschisten aktiv, bevor er 1934 im Alter von 17 Jahren aus Wien
nach Zürich flüchtete. Seine antifaschistische Gesinnung prägte seine
politischen Aktivitäten sein ganzes Leben lang. 1998 erklärte Deutsch
in einem Interview mit dem "Boston Globe", er sehe sich als "Produkt
seiner Kultur, der Kultur der Wiener Juden". (APA)
Forum:
Ihre Meinung zählt.
Die Kommentare im Forum geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
Die Redaktion behält sich vor, Kommentare, welche straf- oder zivilrechtliche Normen verletzen,
den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen
(siehe ausführliche Forenregeln),
zu entfernen. Benutzer:innen können diesfalls keine Ansprüche stellen.
Weiters behält sich die STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H. vor, Schadenersatzansprüche
geltend zu machen und strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.