Wien - Österreich war in seinen Bemühungen, in den 90er-Jahren verstärkt hochqualifizierte Arbeitskräfte dauerhaft nach Österreich zu bringen, nicht erfolgreich. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstitutes (Wifo), die im Auftrag des Arbeitsministeriums und des Innenministeriums erstellt wurde. Hochqualifizierte Arbeitskräfte kommen vorwiegend aus EU-Ländern, zum Teil auch aus Mittel- und Osteuropa nach Österreich, siedeln sich hier aber nicht an, sondern verlassen das Land wieder, um sich in traditionellen Einwanderungsländern wie USA, Kanada und Australien endgültig niederzulassen. In Österreich bleiben dagegen Flüchtlinge sowie Arbeitskräfte aus Südosteuropa und der Türkei, die jedoch minderqualifiziert sind und hauptsächlich in Niedriglohnbranchen arbeiten. Die Autorin der Wifo-Studie, Gudrun Biffl, sieht als Hauptursache für diese Entwicklung die restriktive Zuwanderungspolitik Österreichs. Aufgrund der im Gegensatz zu früher verschlechterten Integrationsmaßnahmen kämen mit den Zuwanderern hauptsächlich Kinder über zehn Jahren nach Österreich, die mangels einer Volksschulbildung hierzulande überwiegend in Sonderschulen gesteckt würden, womit ihnen bereits nach der Pflichtschule die Basis für eine berufliche Ausbildung fehle. Stoisitz fordert Maßnahmen für Qualifizierungsschub Das gelte nicht nur für die erste Generation der Migranten, sondern auch für deren Kinder, die mangels ausreichender Förderung im österreichischen Schulsystem nur mehr geringe Chancen für eine berufliche und soziale Mobilität hätten. "Wir halten bereits in der dritten Generation dieser Neo-Österreicher, man kann aber noch nicht von einer Ghettobildung am Arbeitsmarkt sprechen", sagte Biffl im ORF-Mittagsjournal. Andere Länder, wo die Integrationspolitik ebenso restriktiv sei, seien mit demselben Problem konfrontiert wie Österreich, sagte die Arbeitsökonomin. Die Migrationssprecherin der Grünen, Terezija Stoisits, verlangte laut Aussendung von der Bundesregierung "die Herausnahme der Familienzusammenführung aus der Einwandererquote und Maßnahmen für einen Qualifizierungsschub für die zweite und dritte Generation" als logische Konsequenzen des Wifo-Berichts. Die Wifo-Studie beweise den Zusammenhang zwischen Verhinderung des Familiennachzugs mit einer geringen Qualifikation. Die Regierung sorge mit dieser Politik für die Vergeudung von menschlichen Fähigkeiten und Ressourcen für den österreichischen Arbeitsmarkt. "Statt Kinder von hier lebenden AusländerInnen so schnell wie möglich zu ihren Eltern einwandern und ihre Schulbildung von Anfang an hier absolvieren zu lassen, lässt sie sie jahrelang im Ausland warten, bis ihnen keine anderen Optionen als Hilfsarbeiterjobs mehr offen stehen", so Stoisits. Neues Fremdenpaket soll Fehler reparieren Das mit 1.1.2003 in Kraft tretende neue Fremden- und Ausländerbeschäftigungsgesetz wurde geschaffen, um Fehler aus der bisherigen Integrationspolitik zu reparieren, hieß es in Reaktion aus dem Innenministerium auf den Radiobericht von Donnerstag zum (bisher noch nicht erschienen) Wifo-Monatsbericht August über ausländische Arbeitskräfte auf dem österreichischen Arbeitsmarkt. Ab 2003 werde es nur mehr den Zuzug sogenannter "Schlüsselarbeitskräfte" geben, und die Familienzusammenführung bei Schlüsselkräften werde auf deren Quote angerechnet. Zur besseren Integration solle auch das Angebot von Deutschkursen gehören, die der Bund zu 50 Prozent mitfinanziere. Die Pressesprecherin im Wirtschafts- und Arbeitsministerium, Ingrid Nemec, verwies auf eine Verbesserung in der neuen gesetzlichen Regelung für die Integration von Jugendlichen in den Arbeitsmarkt. Bisher müsse ein nach Österreich eingewanderter Jugendlicher mindestens die Hälfte der (neunjährigen) Pflichtschulzeit in Österreich absolviert haben, um dann freien Zugang zum Arbeitsmarkt zu erhalten. Ab kommendem Jahr reiche hiefür die Absolvierung von einem Pflichtschuljahr. Bei der im Radiobericht zitierten Wifo-Studie handle es sich offenbar um eine Studie im Auftrag des Innen- und des Arbeitsministeriums vom Sommer 2001 ("Arbeitsmarktrelevante Effekte der Ausländerintegration in Österreich"), die als Grundlage für die Novelle des Fremden- und Ausländerbeschäftigungsgesetzes herangezogen worden sei. Eine neue Studie sei jedenfalls nicht in Auftrag gegeben worden, betont man in beiden Ministerien. (APA)