Wien - So heftig nach Katastrophen wie dem jüngsten Jahrhunderthochwasser auch nach Schuldigen oder wenigstens Ursachen gefahndet wird - der Nachweis von Klima- und selbst Wetteränderungen ist nach Statistiken der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) extrem schwierig. So lässt sich beispielsweise für Wien in den Jahren 1961 bis 2001 eine Zunahme der Starkregenfälle statistisch belegen. Wählt man aber den Beobachtungszeitraum 1903 bis 2001, verkehrt sich die Sache genau ins Gegenteil. Warum diese Wetterereignisse als immer extremer erscheinen, sieht der Leiter der Abteilung für Wetter und Klimainformation, Ernest Rudel, in der hohen Aufmerksamkeit der hoch entwickelten Industriestaaten - wie Westeuropa, Nordamerika, Australien oder Japan - , die auch durch Medienaktivitäten noch weiter gefördert wird. Darüber gebe es auch Untersuchungen. Denn in den Industrieländern sei der materielle Schaden ja viel höher, als es beispielsweise bei dem Hochwasser in Mosambik im vergangenen Jahr war. Zweifellos sei die Industriegesellschaft als Ganzes wesentlich verwundbarer durch extreme Wetterereignisse geworden als noch vor einigen Jahrzehnten, meinte Rudel. Speziell der infrastrukturelle Fortschritt mache diese Länder anfällig für Schäden durch Überschwemmungen oder Stürme. Schäden an Kraftwerkanlagen, Abwasseraufbereitungen, Erdöltanks, etc. und in der Folge Umweltverschmutzungen größten Ausmaßes treiben auch bei kleineren extremen Wetterkatastrophen die wirtschaftlichen Schäden in enorme Höhen. Warnung vor Kurzzeitanalysen Der Wissenschafter warnte davor, mit so genannten Kurzzeitanalysen aufzeigen zu wollen, dass das ein einheitlicher Trend sei. Für eine seriöse Aussage brauche man langfristige qualitativ gute Daten. "Man kann ja, je nachdem welche Botschaft man vermitteln möchte, Trendanalysen populär darstellen und Schlussfolgerungen aufzeigen", meinte Rudel. "Und mit diesen Aussagen macht man den Leuten nur Angst." Die Daten, die von Rudel, aus 50 wissenschaftlichen Arbeiten zusammengestellt wurden, zeigen ganz eindeutig, dass es in Wien seit 1961 einen zunehmenden Trend an Starkniederschlägen. "Nimmt man nun wie im folgenden Beispiel eine längere Zeitreihe mit den gleichen Daten, so zeigt sich plötzlich ein ganz anderes Bild", schreibt Rudel in seinem Expose. Denn diese Daten ab 1903 würden nun zeigen, dass es in Wien immer weniger Tage mit hohen Niederschlagsmengen gebe. Auch ein weiterer Vergleich mit Kremsmünster, der ältesten bestehenden meteorologischen Mess- und Beobachtungsstation in Österreich, zeigt Ähnliches. Die 130-jährige Datenreihe ab 1874 belege ebenfalls einen abnehmenden Trend. (APA)