Foto: obs/n-tv
TV-Pläne in der Heimat Österreich strich Geschäftsführer Helmut Brandstätter wegen der Verluste bei n-tv. Die "Krone" zu führen interssiere ihn - wie viele andere - aber, sagte her Harald Fidler
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Standard: Sie bekommen mit RTL in diesen Tagen einen neuen Großgesellschafter. Werden Sie damit zum Filialleiter von Hans Mahr, der dort Informationsdirektor ist? Brandstätter: Ich habe einen Vertrag als Geschäftsführer bis 2004. Und wenn der Aufsichtsrat das will, bleibe ich das natürlich. RTL hat künftig 47,3 Prozent. Da bin ich genauso gut Filialleiter von AOL-Chef Richard Parsons, da AOL Time Warner 49,8 Prozent der Anteile hält. Mahr ist unbestritten ein Vollprofi, der sich im Fernsehen auskennt. So wie er mich anruft, wenn er etwas an unserem Programm verbesserungswürdig sieht, rufe ich ihn umgekehrt auch an. STANDARD: Wollen Sie über 2004 hinaus bleiben? Brandstätter: Ach, das werden wir dann sehen. STANDARD: Gibt es andere Jobs, die Sie interessierten? Brandstätter: Natürlich, Chef der Kronen Zeitung! STANDARD: Haben Sie die Krone-Eigentümer Hans Dichand oder WAZ schon angerufen und das deponiert? Brandstätter: Nein. Jeder, der in ein gewisses Alter kommt, möchte sich einmal an österreichische Institutionen heranwagen. Das ist aber noch keine Bewerbung. STANDARD: Tatsächlich beworben hat sich n-tv zuletzt um privates Regionalfernsehen in Wien und Linz, bald aber wieder zurückgezogen. Hat privates Fernsehen in Österreich überhaupt noch Chancen? Brandstätter: Wenn die gesetzlichen Bestimmungen nicht wieder zugunsten des ORF verändert werden, gebe ich Privatfernsehen sehr gute Chancen. Betreibt man das halbwegs intelligent, kann das österreichweit wie in Ballungsräumen Erfolg haben. STANDARD: Warum zogen Sie dann die Bewerbung zurück? Brandstätter: Wir haben mit n-tv selbst derzeit mehr als genug zu tun. Mit unseren Gewinnen vor zwei Jahren hätten wir das finanzieren können. STANDARD: Kennen Sie einen Sender, der täglich sechs Stunden Liveprogramm aus Einkaufszentren oder von Veranstaltungen macht, wie das puls in Wien ankündigt? Brandstätter: Nein. Das Konzept ist das eine und die Umsetzung das andere. Aber auch wir haben festgestellt: Alle Liveevents werden gerne gesehen. Das können Papstmessen sein oder Trauergottesdienste, Partys und Feste oder Politikerreden. Aus dem Gefühl, man ist live bei einem Event dabei, kann man etwas machen. Man darf nur die Kosten nicht übersehen. Und man darf nicht übersehen, dass der ORF hohe Qualität liefert. Deutlich drunter bleiben darf man da nicht. Eine Kamera hinstellen reicht nicht. STANDARD: Apropos Kosten: Wie viel Minus hat n-tv im Vorjahr gemacht? Brandstätter: Knapp 15 Millionen Euro. STANDARD: Wie sieht das erste Halbjahr 2002 aus? Brandstätter: Wie in der gesamten deutschen Fernsehbranche überhaupt nicht gut. Wir werden wieder rot abschließen, aber mit geringeren Verlusten. Und wir erkennen erste Besserungsanzeichen. STANDARD: n-tv hatte laut Fachblättern unter deutschen Medienhäusern 2001 die schlimmsten Umsatzeinbußen. Das liegt etwa am Zusammenbruch der New Economy . . . Brandstätter: Viele jener Firmen, die uns zu hohen Gewinnen der vergangenen Jahre verholfen haben, gibt es heute nicht mehr. Wir müssen daher versuchen, mit anderen Sektoren als Finanzdienstleistern mehr Werbeumsatz zu machen. Wenn uns RTL dabei hilft, soll es mir recht sein. STANDARD: Der RTL-Vermarktungskonzern IP übernimmt den Werbezeitenverkauf? Brandstätter: Das ist noch nicht geklärt, aber es geht in diese Richtung. STANDARD: RTL drängt auf raschen Turnaround. Brandstätter: Den wollen wir genauso rasch wie unsere künftigen Gesellschafter. STANDARD: Das heißt Mitarbeiterabbau. Brandstätter: Wir haben gerade erst in der Wirtschaftsredaktion zehn Prozent abgebaut. In den anderen Bereichen werden wir über Kosteneinsparungen gemeinsam mit dem Betriebsrat in den nächsten Wochen entscheiden. (DER STANDARD, Printausgabe vom 23. 8. 2002)