Netzpolitik
Satellitenortung fürs Kind
US-Eltern gehen auf Nummer Sicher
Was auf den ersten Blick wie eine riesige
bunte Uhr am Handgelenk eines Kindes aussieht, könnte sich beim
genauen Hinsehen als das neueste Überwachungsgerät besorgter US-
Eltern entpuppen. Der "Personal Locator" ist ein elektronisches
Armband, das mit Hilfe von Satellitenortung den Aufenthaltort des
Besitzers anzeigt und Eltern damit die Möglichkeit gibt, den
Nachwuchs auf Schritt und Tritt zu verfolgen.Starkes Interesse
Tausende von Bestellungen seien in den letzten Wochen eingegangen,
sagte Bob Stern von
Wherify Wireless Inc.
Der Sprecher des
kalifornischen Unternehmens führt das große Kundeninteresse auf die
jüngste Welle von Kindesentführungen zurück, die seit Wochen in den
USA für Schlagzeilen sorgen.
Absatzerwartungen
Der Hersteller, der das Produkt vier Jahre lang entwickelte und es
ab September breit vertreiben wird, rechnet mit einem Jahresverkauf
von 150.000 Stück. Trina und Rob Dean im kalifornischen Silicon
Valley zählen zu den ersten Käufern. Für ihre beiden Töchter, die den
Kindergarten besuchen, bestellten sie je ein Armband zum Stückpreis
von 400 Dollar (409 Euro) und zahlen bereitwillig eine Monatsgebühr
von 25 Dollar (25,6 Euro) für den Überwachungsservice. Die
Gewissheit, alles für die Sicherheit ihrer Kinder zu tun, würde diese
Ausgabe rechtfertigen, erklärten die besorgten Eltern der Zeitung
"San Francisco Chronicle".
Fesselnd
Elektronische Hand- oder Fußfesseln werden in den USA bereits zur
Überwachung von Straftätern auf Bewährung eingesetzt. Die gleiche
Technik eines GPS-Satellitensystems steckt auch hinter den
Kindersensoren, die nach Angaben der Firma im Handumdrehen den
Standort des Trägers anzeigen. Falls ein Kind verloren geht, können
die Angehörigen über das Internet oder durch einen Anruf bei dem
Monitoring-Service den Sprössling lokalisieren. Die Angaben seien auf
wenige Meter genau, versichert Bob Stern.
Inspiration
Die Geschäftsidee entstand während eines Besuchs im Zoo, als
Firmengründer Timothy Neher plötzlich seine kleinen Neffen aus den
Augen verlor und in Panik geriet. Die Kinder tauchten wenig später
wieder auf, doch die Schrecksekunde war Anlass genug, ein
Überwachungsgerät zu entwickeln.
Gefangen
Nach Angaben des Herstellers trägt sich das Gerät wie eine Uhr am
Handgelenk, allerdings kann der "Locator" so befestigt werden, dass
er nicht abzustreifen oder durch eine fremde Person zu entfernen ist.
Bei dem Versuch, das schnittfeste Armband zu durchtrennen, wird
sofort die Polizei alarmiert. Bei drohender Gefahr können die Kinder
auch per Knopfdruck elektronisch um Hilfe rufen.
Ausreden
Auf ihrer Webseite verweist die Firma
auf Statistiken der Bundespolizei, wonach im vergangenen Jahr 752.000
Kinder und Jugendliche in den USA als vermisst gemeldet wurden. Die
meisten waren allerdings von zu Hause weggelaufen oder von
Familienangehörigen entführt worden.
Skepsis
Das "Center for Missing and Exploited Children", ein führendes
Kindersuchwerk, warnt jedoch vor einer überzogenen Panikmache und
steht dem Massenkauf von teuren High-Tech-Geräten eher skeptisch
gegenüber. Die wenigsten Kinder würden durch fremde Täter gekidnappt,
auch wenn diese Fälle die Nachrichten beherrschten. Der Verband
empfiehlt Eltern, ihre Kinder über Gefahrensituationen aufzuklären
und diese zu vermeiden.
Nachahmer
Unterdessen folgen andere Firmen dem Beispiel des kalifornischen
Herstellers mit der Entwicklung ähnlicher Geräte, die nicht nur
Kinder, sondern auch Alzheimer-Kranke und Haustiere via Satellit
überwachen sollen. Applied Digital Solutions im US-Staat Florida
wirbt mit Microchip-Implantaten, die zukünftig mit GPS (Global
Positioning System) ausgestattet werden soll. Eine amerikanische
Familie ließ sich in diesem Jahr bereits reiskorngroße Chips mit
wichtigen persönlichen und medizinischen Angaben unter der Haut
einpflanzen.
(APA)