Wirtschaft
Deutsche Inflationsrate auf Sinkkurs
Saison- und Basiseffekte bremsen Preisanstieg
Frankfurt - Die Verbraucherpreise in Deutschland
sind wegen billigerer Nahrungsmittel und Reisen wie saisonal üblich
von Juli auf August gesunken. Auf Basis der Preisdaten aus sechs
Bundesländern sei die Jahresteuerung um 0,2 Prozent zum Vormonat
gesunken nach einem Anstieg in dieser Höhe im Juli, teilte das
Statistische Bundesamt am Freitag mit. Die Jahresteuerungsrate habe
im August wie schon im Juli 1,0 Prozent betragen. Volkswirte hatten ursprünglich mit einem monatlichen Rückgang um
nur 0,1 Prozent und einem leichten Anstieg der Jahresrate auf 1,1
Prozent gerechnet. Aus Deutschland gibt es damit keinen Preisdruck,
der die Europäische Zentralbank zu einer Zinserhöhung zwingen würde.
Bis zum Jahresende werde die Teuerung aber wieder etwas steigen.
Sachsen mit größter Teuerung
Das von der Flutkatastrophe am stärksten betroffene Bundesland
Sachsen meldete am Freitag mit 0,3 Prozent den stärksten Rückgang zum
Vormonat. Da die Statistiker ihre Stichproben schon vor dem Einsetzen
des Hochwassers fast abgeschlossen hatten, wird sich die Wirkung der
Fluten jedoch erst in den Daten der kommenden Monate widerspiegeln.
In fünf der sechs Bundesländer war die Jahresinflation genauso hoch
wie im Vormonat. In Baden-Württemberg lag die Jahresrate mit 1,4
Prozent am höchsten. Sachsen wies mit einem Anstieg von nur 0,4
Prozent abermals die stabilsten Preise auf.
Wie es im August üblich ist, gingen die Preise für
Urlaubsdienstleistungen zum Vormonat wieder deutlich zurück, nachdem
sie im Ferienmonat Juli gestiegen waren. Auch Nahrungsmittel, vor
allem Obst und Gemüse, verbilligten sich sowohl zum Juli als auch zum
August 2001. Kartoffeln in Bayern kosteten 15 Prozent weniger als im
Juli. "Es gibt keinen erkennbaren Preisdruck auf die
Nahrungsmittelpreise von der Flutkatastrophe in Deutschland oder der
Dürre in Italien", sagte Christoph Hausen von der Commerzbank.
Analysten schließen aber nicht aus, dass die zum Teil schlechte Ernte
in der nächsten Zeit die Preise etwas in die Höhe treiben könnte.
Vergleichsweise niedrig ...
Die Jahresteuerungsrate wird noch immer von starken Preisanstiegen
vor einem Jahr gedämpft. So kostete Heizöl zehn bis 15 Prozent
weniger als vor einem Jahr, die Kraftstoffpreise waren dagegen
zumeist sowohl zum Vormonat als auch zum Vorjahr gestiegen.
Gaststätten und andere Dienstleistungspreise wiesen dagegen
überdurchschnittliche Jahresteuerungsraten von drei bis vier Prozent
auf, weil hier viele Anbieter die Euro-Einführung zu Preiserhöhungen
genutzt hatten. Auch die Erzeugerpreise sind im Juli abermals wegen
des Rückgangs der Energiepreise gesunken, und zwar um 1,0 Prozent zum
Juli 2001 und 0,3 Prozent zum Juni.
Nach Einschätzung von Stefan Mütze ist die Inflation in
Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern der Euro-Zone auch
deshalb so niedrig, weil die Wirtschaft nur langsam wächst und die
Unternehmen bei der schwachen Nachfrage keinen Spielraum haben, etwa
höhere Lohnkosten auf ihre Kunden abzuwälzen. "Bei einem erwarteten
Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 0,5 bis 0,75 Prozent in diesem
Jahr gehen wir nicht von größeren Inflationsgefahren aus", sagte
Mütze. Nach rund zwei Prozent zu Jahresbeginn liegt die
Inflationsrate schon seit Mai nahe einem Prozent.
Commerzbank-Volkswirt Hausen wies zudem darauf hin, dass der
Kursanstieg des Euro die Verbraucherpreise schon jetzt dämpft und
diese Wirkung auch in den kommenden Monaten anhalten wird. In der
gesamten Euro-Zone rechnet Hausen mit einem leichten Anstieg der
Jahresinflation auf 2,0 von 1,9 Prozent im Juli. Erstmals seit fünf
Monaten waren die Verbraucherpreise in zwölf italienischen Städten,
mit denen die vorläufige Teuerung für das Land gemessen wird, im
August gestiegen auf 2,3 von 2,2 Prozent im Juli. Die niedrige
deutsche Inflationsrate ändere den Ausblick für die Europäische
Zentralbank (EZB) nicht, sagte Stefan Bielmeier von der Deutschen
Bank. Die EZB hatte die Preisrisiken zuletzt als "wieder
ausgewogener" bezeichnet und damit signalisiert, dass sie die
Leitzinsen zunächst wie schon seit November 2001 unverändert bei 3,25
Prozent lassen wird. (APA/Reuters)