Frankfurt - Die geplante Erhöhung der
Körperschaftsteuer zur Finanzierung der Hochwasserfolgen könnte nach
Einschätzung von Wirtschaftsexperten Konjunktur und Investitionsklima
in Deutschland zusätzlich belasten. Zwar zeigten sich Volkswirte und Analysten am Freitag einig darin,
dass die deutschen Kapitalgesellschaften eine etwas höhere
Besteuerung für ein Jahr verkraften könnten. Dennoch setze die
Steigerung der Abgabenlast in der schwachen konjunkturellen Situation
aber ein falsches Signal, hieß es.
Die Börse nahm indes von der Ankündigung der Bundesregierung, die
Körperschaftssteuer für das Jahr 2003 um 1,5 Prozentpunkte auf 26,5
Prozent zu erhöhen, kaum Notiz. Den Markt bewegten derzeit andere
Nachrichten, hieß es. Außerdem werde eingesehen, dass nun Geld für
den Wiederaufbau der Flut-geschädigten Gebiete benötigt werde.
Reform verschoben
Der Bund will einen Teil der Kosten zur Beseitigung der
Hochwasserschäden in Süd- und Ostdeutschland mit den zusätzlichen
Steuereinnahmen finanzieren. Zuvor hatte die Regierung bereits
angekündigt, die zweite Stufe der Steuerreform um ein Jahr auf 2004
zu verschieben. Insgesamt 9,8 Mrd. Euro sollen dadurch für den Fonds
Aufbauhilfe zusammenkommen. Die für Kapitalgesellschaften geltende Körperschaftsteuer war erst
im vergangenen Jahr auf 25 Prozent gesenkt worden. Die Einnahmen für
den Bund brachen darauf ein: Waren es im Jahr 2000 noch 23,5 Mrd.
Euro, musste der Fiskus im vergangenen Jahr per Saldo sogar 426 Mill.
Euro zurückerstatten.
Bei den Unternehmens- und Industrieverbänden stieß das Vorhaben
einer Steueranhebung für ein Jahr zumeist auf Kritik und Skepsis.
Zwar werde die Erhöhung die Firmen nicht in "den Ruin stürzen", sagte
der Steuerexperte vom Deutschen Industrie- und Handelstag (DIHK),
Christoph von Knobelsdorff. "Das Signal einer Steuererhöhung ist aber
natürlich nicht das beste für die Konjunktur", fügte er jedoch hinzu.
"Keine Alternativen"
Von Knobelsdorff kritisierte, dass kaum über Alternativen zur
Finanzierung der Hochwasserfolgen nachgedacht worden sei. "Andere
Möglichkeiten sind nicht ausgeschöpft worden. Es hätte ernsthafte
Spar-Schritte geben können, wenn nicht Wahlkampf gewesen wäre", sagte
der DIHK-Experte. Es wäre zum Beispiel möglich gewesen, Gold-Reserven
zu verkaufen. Auch beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ist man über
die Idee eine höheren Körperschaftsteuer "nicht begeistert", wie
Sprecher Albrecht von der Hagen formulierte. "Das ist schon etwas,
was die Unternehmen richtig spüren." Angesichts der nationalen
Katastrophe habe aber rasch etwas passieren müssen, räumte der
BDI-Sprecher ein.
Volkswirte warnten indes vor einem negativen psychologischen
Effekt infolge der Körperschaftsteuer-Anhebung. "Im jetzigen
Investitionsklima ist eine Steuererhöhung das falsche Signal", sagte
Stefan Bielmeier von der Deutschen Bank. Ein zeitlich begrenzter
Anstieg des Satzes um 1,5 Prozentpunkte dürfte zwar nur einen
geringen direkten Effekt auf die Investitionstätigkeit haben. "Die
psychologisch negative Wirkung könnte aber bei den Unternehmen eine
allgemeine abwartende Haltung auslösen.."
Eckart Tuchtfeld von der Commerzbank äußerte sich ähnlich
skeptisch. "Eine befristete Steuererhöhung in dieser konjunkturell
labilen Situation ist grundsätzlich nicht positiv zu beurteilen."
Eine spürbare konjunkturelle Abkühlung erwartet er allerdings nicht.
"Das Geld verschwindet ja nicht in der Schublade, sondern der Staat
wird es nachfragewirksam wieder ausgeben." Die Konjunktur werde
allenfalls marginal gebremst. (APA/Reuters)