Nomen est omen" sagte sich das Pariser Antiquitätenhändler-Brüderpaar Nicolas und Alexis Kugel (39 bzw. 36 Jahre) und erkoren lateinisch-logisch die Weltkugel zu ihrem Firmenlogo. Der Globus entspricht auch dem weltweiten händlerischen Aktionsradius der Brüder Kugel. Antiquitätenhändler in der fünften Generation, bekamen sie ein absolutes Gespür für Qualität, das für Spitzenhändler obligate Elefantengedächtnis, Verhandlungsgeschick und Talent für "social contacts" in die Wiege gelegt. Seit dem Tod ihres Vaters im Jahre 1985 leiten die Brüder die Luxusgalerie in der Rue du Faubourg Saint-Honoré.

Anstatt an der Pariser Antiquitäten-Biennale teilzunehmen, beschlossen sie 1996, lieber thematische Ausstellungen in ihrer Galerie zu zeigen und trotzdem von der Besucherdynamik der Biennale zu profitieren. Vor zwei Jahren, als sie Renaissance-Schmuck (bei dessen Authentifizierung ihnen der Wiener Professor Dr. R. Distelberger half) ausstellten, zählte man 11.000 Besucher in den Galerieräumen.

Heuer, unmittelbar vor der Antiquitäten-Biennale (ab 18.9.), besinnen sich die beiden Kugel auf ihren Namen und bieten mehr als 50 Globen: Erd- und Himmelskugeln, sowie astronomische Uhren - in der entsprechenden Preiskategorie - an. Unter dem Titel Sphären, die Kunst der himmlischen Mechanik, zeigen sie die kugelförmige Repräsentation des Universums, von den Römern bis ins beginnende 19. Jahrhundert. Der Schwerpunkt der Verkaufsausstellung liegt im 16. und 17. Jahrhundert.

Kostbares Silber, Bleikristall, Elfenbein oder vergoldete Bronze dienten zur Herstellung durch Mathematiker, Uhrmacher und Goldschmiede in Frankreich, Italien, Deutschland und Flandern im Auftrag von Kaisern (Rudolf II.), Königen (Ludwig XIV.) und Landesfürsten (Landgraf von Hessen). Um so viele repräsentative Stücke zeigen zu können, griff Alexis Kugel auf die von seinem Vater erworbenen Globen zurück, kaufte kontinuierlich dazu. Entgegen der offiziellen Version, alles sei erwerbbar sind einige wenige Prunkstücke Leihgaben, also unverkäuflich. Die Preise liegen zwischen 20.000 bis über eine Million Euro.

Die Globen-Herbstschau ist in fünf Kategorien unterteilt: Himmelsgloben, Erdgloben, Armillasphären (lat. "armilla": Armband, Reifen), Ringzonenuhren, sowie mechanische Globen und Sphären. Unter den angebotenen Himmelsgloben befindet sich einer (von drei erhaltenen) aus der Antike. Die kleine römische Silberkugel (Durchmesser zirka 5 cm) könnte aus dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert, eventuell aus dem 3. Jahrhundert n.Chr. stammen. Die seit Ptolemäus bekannten Sternkonstellationen, Meridiane, Polarkreise usw. sind eingraviert. Nur die Sammlung Farnese im Archäologischen Nationalmuseum von Neapel verfügt über einen vergleichbaren Globus.

Der erste existierende Erdglobus (1492) stammt vom Nürnberger Kartographen Martin Beheim. Bei Kugel glänzt in der Erdgloben-Abteilung ein in der Form einer Erdkugel ausgebildete "Globuspokal" aus Silber und Platin, den Abraham Gessner um 1590 in Zürich schmiedete. Von den 16 bekannten Gessner-Globen befinden sich nur noch zwei in Privathand.

Aus vergoldeter Bronze ist ein anderer, von Johann Georg Puschner 1730 in Nürnberg für die Familie Hahn geschmiedeter Erdglobus. Unter den besonders dekorativen Armillasphären bieten die Brüder Kugel eine bis jetzt unbekannte Sphäre an, die Erasmus Habermel 1594 in Prag signierte. Ein Jahr nach seiner Berufung an den Hof des Kaisers Rudolph II. also, wo der berühmte Habermel für die Herstellung von wissenschaftlichen Instrumenten zuständig war. Es könnte sich dementsprechend um ein Gerät aus der Prager Sammlung des Kaisers handeln.

Der Löwenanteil der Kugel-Schau ist den 14 Ringzonenuhren vorbehalten, die technisch und wissenschaftlich das gesamte Wissen der jeweiligen Epoche in sich vereinen. Ein für Wien besonders interessantes Exponat ist die dreifache Ringzonenuhr (mit Skelett-, Himmels- und Erdglobus-Mechanik), die von 1948 bis 1999 im Kunsthistorischen Museum stand. Sie gehörte zu den Nazi-Raubkunst-Objekten aus der Sammlung von Nathaniel von Rothschild und wurde, nach Rückgabe an die Erben, im Juli 1999 bei Christie's in London für 276.500 Pfund versteigert. Von Pierre de Fobis 1540 in Lyon hergestellt, ist diese vergoldete Bronze-Uhr mit Sicherheit die komplexeste und schönste der französischen Renaissance.

Das kostbarste Objekt der Ausstellung ist die astronomische Standuhr des Antide Janvier, der absolute Höhepunkt der Uhrmacherkunst. Janvier schuf dieses 161 Zentimeter hohe Meisterwerk von 1789 bis 1801, wozu er ein (beigelegtes) 134 Seiten starkes Manuskript verfasste, das die Funktionen und Bedienung des Uhrwerks erklärt. (Olga Grimm-Weissert/DER STANDARD, Printausgabe, 24.8.2002)