Warschau - "Zagielowski" heißt der geheimnisvolle Geistliche, der über Jahre hin aus der Krakauer Kurie an den polnischen Geheimdienst berichtet hat. Sein prominentestes Opfer war der Krakauer Bischof Karol Wojtyla, der spätere Papst Johannes Paul II. In den 50er Jahren konnte der polnische Sicherheitsdienst (SB) unter 1.400 Priestern in den Diözesen Krakau, Tarnow und Kielce rund 100 Spitzel anwerben. Über Bischof Karol Wojtyla berichteten mehrere Geistliche unter Pseudonym: "Zagielowski" und "Torano" standen in der Hierarchie am höchsten. Sie berichteten nicht nur aus Krakau, sondern auch aus der Bischofskonferenz in Warschau. Andere Stasispitzel in schwarzer Kutte ließen sich "X", "Rosa" und "Honorata" nennen.Wer hinter den Pseudonymen steckt, konnte die Krakauer Filiale des Warschauer "Instituts des Nationalen Gedenkens" (IPN) noch nicht herausfinden. Marek Lasota hat mit der mühseligen Arbeit begonnen, die Stasi-Kontakte in die katholische Kirche hinein aufzudecken. Mühselig ist die Arbeit deshalb, weil General Tadeusz Szczygiel, der die Abteilung IV "Klerus" im damaligen Sicherheitsdienst (SB) leitete, die Personalakten seiner Agenten 1989 vernichten ließ. Die systematische Aktenvernichtung konnte allerdings gestoppt werden. So gelang es zwar, die Personalakten der Abteilung "Klerus" vollständig zu vernichten, doch die "operationellen Akten", in denen die Ergebnisse der Spitzeldienste festgehalten wurden, sind noch vorhanden. Kurz vor dem Besuch des Papstes in Polen hat Lasota die Öffentlichkeit zum ersten Mal über diesen Aktenbestand informiert, allerdings noch keine Details genannt. Nun hat das IPN nachgelegt und zum ersten Mal Namen veröffentlicht. Noch sind dies Pseudonyme, doch niemand zweifelt daran, dass sie schon in kurzer Zeit entschlüsselt werden. (Gabriele Lesser/DER STANDARD, Printausgabe, 24./25.8.2002)