Der Mythos von der unerhörten Bedeutsamkeit der TV-Debatten geht vor allem auf das Duell zwischen den damaligen US-Präsidentschaftskandidaten Richard Nixon und John F. Kennedy im Jahr 1960 zurück, der ersten solchen Veranstaltung. Hätte Kennedy dieses Match nicht gewonnen, so hätte die US-Geschichte mit einem Präsidenten Nixon einen ganz anderen Verlauf genommen.Kennedy, damals Senator, war ein von seinem hyperehrgeizigen Vater Joseph ins Rennen forcierter, relativ unbekannter Politiker, zudem war er mit 43 Jahren der jüngste Mann, der jemals in dieses Amt gewählt werden sollte. Nicht minder gravierend: Noch nie vor Kennedy war ein Katholik ins Weiße Haus gewählt worden. Als Kennedy und Nixon dann am 26. September 1960 zum ersten von vier TV-Duellen in einem CBS-Studio in Chikago aufeinander trafen, geriet Nixon vor allem wegen einer schlecht aufgetragenen Maske ins Hintertreffen, aber auch wegen einiger strategischer Fehler. So gab er sich übermäßig defensiv, um sein Image als politischer "Killer" loszuwerden. Kennedy wirkte entspannt, kenntnisreich und sportlich gebräunt. Er hatte lediglich ein wenig Max-Factor-Creme aufgetragen, um ein paar zu große Poren zu verstecken. Nixon, der eben erst von einer Infektion am Knie genesen war, wirkte kränklich, eingefallen und grau, was durch die Schminke noch akzentuiert wurde. Seine Berater zogen daraus den Schluss, Nixon bei den folgenden Runden ohne Make-up ins Rennen zu schicken, aber auch das kam ihm nicht zugute. Nun nervte Nixon mit einem schwarzen Bartschatten und Schweißperlen, die gegen Kennedys einnehmendes Äußeres unangenehm abstachen. (red/DER STANDARD; Printausgabe, 24./25.8.2002)