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Wien - Die Diskussion um die Vorschläge der Hartz-Kommission, die in Deutschland derzeit einschneidende Reformen auf dem Arbeitsmarkt setzt, geht jetzt auch in Österreich so richtig los. Derzeit leitet die Wirtschaftskammer (WKÖ) in einem internen, dem STANDARD vorliegenden Strategiepapier aus den deutschen Plänen zum Teil äußerst scharfe Forderungen für ein Österreich-Pendant ab. Man würde etwa vor allem härtere Zumutbarkeitsbestimmungen goutieren.
  • So sollen "längere Anfahrtszeiten zum Arbeitsort, im Ausmaß von in Österreich üblichen Pendlerstrecken (etwa Burgenland-Wien), generell zumutbar werden."

  • Außerdem sollte der Berufsschutz gelockert werden. "Ist es von vorne herein wahrscheinlich, dass es keine offenen Stellen für den zuletzt ausgeübten Beruf gibt, sollte ein Arbeitsloser ohne Umschweife auch in andere Berufe bzw. auch in den ursprünglich erlernten vermittelt werden können", heißt es.

  • Schluss machen wollen die Unternehmervertreter außerdem mit dem Umstand, dass "ein Jobloser vom Arbeitsmarktservice derzeit von Fall zu Fall nicht privaten Arbeitsvermittlern überlassen wird, wenn er das nicht will." Diese Praxis müsse beendet werden, heißt es.

  • Im Zusammenhang mit der Verhängung von Sanktionen bei Ablehnung einer zumutbaren Beschäftigung, also einer wochenlangen Sperre des Arbeitslosengeldes, sieht die WKÖ derzeit ein Vollzugsproblem. Berechtigte Strafen würden ihrer Meinung nach nicht immer verhängt. Künftig sollte ein internes Controlling - also Mitarbeitervergleiche im AMS, wer nie oder selten Strafen verhängt - hier Abhilfe schaffen.

  • Die von der Hartz-Kommission in Deutschland angepeilte Verkürzung der Vermittlungsdauer von 33 auf 22 Wochen ist der WKÖ zu wenig. Sie wollen den Zeitraum des Österreich-Durchschnitts von derzeit 15 Wochen noch verkürzt sehen. Am besten wäre es, "wenn mehr als die derzeit 43 Prozent der AMS-Bediensteten mit der Vermittlung Arbeitsloser betraut würden und diese - je nach Vermittlungsschnelligkeit - leistungsorientiert bezahlt würden."

  • In Opposition gehen die Sozialpolitiker der Wirtschaftskammer - wie auch Arbeiterkammer und Gewerkschaft - zur Idee, den Niedriglohnbereich durch niedrigere Sozialabgaben zu entlasten, um dadurch vielleicht mehr schlecht qualifizierten Arbeitslosen zu Jobs zu verhelfen. So eine Subventionierung könne zu ungewünschten Mitnahmeeffekten führen.

    Konkretes Beispiel: "Kollektivverhandlungen werden so geführt, dass sich Förderungen gerade noch ausgehen."

  • Bei der Einführung eines Bonus-Malus-Systems bei Abgaben für die Arbeitslosenversicherung hört sich die Freundschaft mit dem Sozialpartner freilich schon wieder auf. Der Hartz-Vorschlag, Betrieben, die weniger oft kündigen, Beitragsnachlässe zu gewähren, wird strikte abgelehnt.

    Aus Sicht der WKÖ bauen Betriebe nur aus trifftigen Gründen Mitarbeiter ab und dürfen dafür nicht bestraft werden. Besser wäre es, Beschäftigungsbeihilfen zu gewähren, um Arbeitnehmer auch bei Auftragsschwankungen halten zu können. (Monika Bachhofer/DER STANDARD, Printausgabe, 26.8.2002)