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Spitalsbedingungen und fehlende Sprachkompetenz erschweren gesunde(nde) ÄrztIn - PatientIn-
Beziehung
Foto: APA/Schlager
Alpbach - "Wie geht's uns denn heute?", lautet in vielen Krankenhäusern noch immer eine häufig gestellte Frage von ÄrztInnen an PatientInnen. Die Wiener Linguistin Ruth Wodak nennt diese Anrede "Pluralis hospitalis"; danach sei ein respektvolles, vertiefendes Gespräch nicht mehr möglich. Rahmenbedingungen erschweren Gespräche Die Alpbacher Gesundheitsgespräche starteten am Sonntag mit einer ExpertInnenrunde zum Thema "Mündiger Patient - Gesprächsfähiger Arzt". Einig war man sich rasch darin, dass dem hehren Ziel mannigfache Hindernisse im Weg stehen. Ulrike Töllner-Bauer vom Klinikum Köln stellte aus Sicht des Pflegepersonals klar, dass die Rahmenbedingungen der Spitäler partnerschaftliche Gespräche kaum ermöglichen. Es fehle an Orten und an Zeit (durchschnittliche Dauer einer Visite drei Minuten), es spieße sich aber auch an unterschiedlichen Erwartungshaltungen. So wollen PatientInnen weniger wissen, "was sie haben", sondern erfahren, "wie es mit ihnen weitergeht", darunter leide aber der Wunsch auf Würdigung ärztlicher Kunst. Für den Hamburger Onkologen Dieter K. Hossfeld ist bei ÄrztInnen "Zuhören mindestens so wichtig wie Gesprächsfähigkeit" und skizziert ein Spannungsfeld zwischen der Rolle als "wissender Heiler oder suchender Forscher". Reden und leiden Die Kärntner Patientenanwältin Doris Lakomy nennt das "Wissen um die Krankheit" als Voraussetzung, damit PatientInnen ihre Selbstbestimmungsrechte wahrnehmen können. "Wenn der Arzt am Patienten vorbeiredet, hat der Patient am Arzt vorbeigelitten", erläutert sie die ärztliche Aufgabe, Fachsprache allgemein verständlich zu machen. "Jeder Patient hat Angst, das ist der zentrale Faktor", fasste Wodak eine wesentliche Erkenntnis sprachsoziologischer Untersuchungen der beiden letzten Jahrzehnte zusammen. Der Umgang mit der Angst sei erlernbar, meint sie und kritisiert, dass dies ebenso wie der grundsätzliche Erwerb von Sprachkompetenz in der Aus- und Fortbildung von ÄrztInnen hierzulande (im Unterschied zu den USA) kaum eine Rolle spiele. Diese Kritik wurde von der Innsbrucker plastischen Chirurgin Hildegunde Piza noch vertieft. Junge MedizinerInnen seien nach dem Studium "berechtigt, aber häufig nicht befähigt, Heilkunde durchzuführen", seien "Gesundheitstechniker aber keine Ärzte". Ein ungetrübtes Vertrauensverhältnis zwischen ÄrztIn und PatientIn sei immer "Ergebnis eines gegenseitigen aufeinander Zugehens", meint Piza und formuliert ein an ÄrztInnen und Pflegepersonal gerichtetes Prinzip: "Kranke haben Anspruch auf Zuspruch." (Hannes Schlosser, D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 26.8. 2002)