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Außenministerin Ferrero-Waldner in Alpbach

foto: apa/gindl
Alpbach - Keinen Anlass für ein Veto Österreichs gegen Tschechien bei der EU-Erweiterung sieht Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (V). "Aus meiner Sicht ist ein Temelin-Veto vom Tisch", sagte die Außenministerin am Sonntagabend bei einer Diskussion im Rahmen des Europäischen Forum Alpbach in Hinblick auf das umstrittene südböhmische Atomkraftwerk. Über die Frage der Benes-Dekrete, den Enteignungs- und Vertreibungsbestimmungen der Nachkriegszeit, müsse noch gesprochen werde, sagte die Ministerin. Sie sehe aber auch diesbezüglich keine Notwendigkeit eines Vetos. Ferrero-Waldner und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) waren am Sonntag mit dem tschechischen Außenminister Cyril Svoboda in Alpbach zusammengetroffen. Die Benes-Dekrete waren nach Angaben der österreichische Außenministerin kein Thema ihrer Unterredung. Die Außenministerin rechnet damit, dass die Europäische Union zum geplanten Zeitpunkt 2004 um zehn neue Mitgliedstaaten erweitert wird. "Der Beitritt von zehn Ländern ist nach wie vor möglich, auch wenn es einige Bereiche gibt, die nicht unproblematisch sind", erklärte Ferrero-Waldner. Ein zweites "Nein" der irischen Bevölkerung zum EU-Reformvertrag von Nizza wäre für die allerdings "ein Desaster", schränkte sie ein. Sowohl für die EU-Mitglieder als auch für die Kandidatenländer stelle die Agrarpolitik einen Knackpunkt in den Verhandlungen dar, sagte die Außenministerin. Aus der Sicht Österreichs sei außerdem nach wie vor die Transitpolitik ein wichtiges Verhandlungskriterium. Ferrero-Waldner wiederholte dabei ihren Wunsch nach einer Übergangslösung ab 1. Jänner 2004 bis zur Einführung einer Wegekosten-Richtlinie der EU. Fest rechne sie unter anderem mit einer Mitgliedschaft Ungarns ab dem 1. Jänner 2004. Die Spionagevorwürfe gegen Ministerpräsident Peter Medgyessy kommentierte sie mit dem Hinweis, dass es sich hierbei um eine rein innenpolitische Angelegenheit handle. "Wenn Ungarn glaubt, dass seine Regierung nicht mehr in Ordnung ist, so liegt es an Ungarn, diese zu erneuern. Die Regierungsbildung eines Staates ist ein rein innenpolitisches Problem", sagte Ferrero-Waldner. Ferrero-Waldner kämpft gegen "Direktorium" in der EU Die gemeinsame EU-Außenpolitik wird nach Angaben von Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (V) zunehmend von den großen Mitgliedstaaten dominiert. "Ein Direktorium gibt es zum Teil bereits, hinter den Kulissen, nicht vor den Kulissen. Und ich kämpfe dagegen", sagte die Außenministerin am Montag beim Europäischen Forum Alpbach, ohne bestimmte Staaten beim Namen zu nennen. Ferrero-Waldner forderte "Gleichberechtigung" für kleinere EU-Staaten, da deren Interessen durch die größeren nicht ausreichend berücksichtigt würden. Die Außenministerin kritisierte die Doppelstruktur der EU-Außenvertretung durch den Kommissar für die EU-Außenbeziehungen, Chris Patten, und den EU-Außenbeauftragten, Javier Solana. Weiters sprach sie sich für ein einheitliches Stimmverfahren der EU bei internationalen Organisationen und für einen Sitz der EU beim UNO-Sicherheitsrat aus. Letzteres werde aber von den ständigen Sicherheitsratsmitgliedern Frankreich und Großbritannien abgelehnt, fügte Ferrero-Waldner hinzu. Außenministerin gegen Vermittlerrolle Österreichs in Nahost Klar sprach sich Ferrero-Waldner gegen eine Vermittlerrolle Österreichs im Nahen Osten aus, wie dies seit den Zeiten des früheren SPÖ-Bundeskanzlers Bruno Kreisky immer wieder gefordert werde. "Die Realitäten haben sich geändert." Heute sei das so genannte "Quartett" - bestehend aus USA, EU, UNO und Russland - der wichtigste Akteur im Nahen Osten. Als Schwerpunkte der österreichischen Außenpolitik nannte Ferrero-Waldner die Europäische Union und Südosteuropa. (APA)