Das Ende war versöhnlich:
Bundeskanzler Gerhard
Schröder ging auf seinen Herausforderer Edmund Stoiber
zu und reichte ihm die Hand.
Kurz blickten sie sich in die
Augen, dann machten beide
auf dem Absatz kehrt.
Als sie vor Beginn der achtzigminütigen Konfrontation
auf ihre Stehpulte zumarschierten, haben sich der SPD-
Politiker und sein CSU-Konkurrent keines Blickes gewürdigt. Auch während der Fernsehdebatte schaute Stoiber
nur selten den Amtsinhaber
an, was RTL-Moderator Peter
Kloeppel zu der Aufforderung
bewegte: "Sie brauchen nicht
mich anzuschauen, wenn sie
Herr Bundeskanzler sagen."
Schröder suchte dagegen immer wieder Blickkontakt zu
seinem Herausforderer, was
ihm durch die Anordnung der
Stehpulte, die in Richtung
Moderatorentisch orientiert
waren, nicht gerade erleichtert wurde.
Abrücken vom Konzept
Auch Schröder schien die
Inszenierung nicht sonderlich
zu behagen: Ohne Publikum
und in ein starres Konzept gepresst, das nur 90 Sekunden
Zeit für jede Antwort lässt,
suchte er sichtbar nach seiner
Rolle. Erst nach 27 Minuten
kam etwas Schwung in die
Debatte, als Schröder das Wort
ergriff, ohne auf eine Frage zu
warten, um direkt auf Stoibers
Aussagen zu antworten. Beim
nächsten Mal erlaubte es ihm
Sat.1-Moderator Peter Limbourg, hakte aber vorsichtshalber nach: "Wollen Sie noch
auf meine Frage warten?" Das
wollte Schröder nicht.
In einem Studio nebenan
verfolgten etwa dreihundert
Prominente den Auftritt. Etwas Stimmung kam auf, als
Stoiber und Schröder sich
nach der ersten halben Stunde
zunehmend persönlich attackieren: Stoiber warf Schröder
vor, dass es den Menschen
"schlechter als vor vier Jahren" gehe. Er fügte hinzu,
Schröder habe sein zentrales
Wahlversprechen gebrochen,
indem er die Arbeitslosenzahl
nicht wie angekündigt auf unter 3,5 Millionen gesenkt habe. Er hob auch dazu nicht den
Zeigefinger, wie er es sonst
immer macht.
Schröder gestand zu, dass
die Kritik, die Hartz-Kommission zur Reform des Arbeitsmarktes sei zu spät eingesetzt
worden, "teilweise berechtigt
sei". Gleichzeitig konterte er,
Stoiber gehe es um eine Umverteilung "von unten nach
oben". Aber im Ton blieb
Schröder deutlich staatsmännischer und konzilianter. Nur
einmal erlaubte er sich einen
Seitenhieb: "Sie sollten ihre
Akten nicht nur mit sich herumtragen, sondern gelegentlich lesen."
Boxer Dariusz Michalczewski reagierte auf diesen Vorstoß Schröders begeistert: "Hey, Schröder kann ja
auch zurückschlagen." Und
Schauspieler Til Schweiger
meinte anerkennend: "Er wäre
ein guter Schauspieler." Als
die Schlussmusik des Duells
lief, begann der Kampf um das
Buffet. (DER STANDARD, Printausgabe, 27.8.2002)