Alpbach - Die Bankenwirtschaft steht vor gewaltigen
Umbrüchen: Bis zum Jahr 2010 wird sich die Zahl der Kreditinstitute
gegenüber halbieren, ein Drittel der Arbeitsplätze wird in diesem
Zeitraum verschwinden. "Die Finanzdienstleister beginnen jetzt
denselben Prozess der Effizienzsteigerung, den Industrie und Handel
längst hinter sich haben", analysierte Professor Dieter Bartmann vom
Institut für Bankinformatik und Bankstrategie an der Universität
Regensburg am Montagnachmittag in seinem Eröffnungsreferat des
Alpbacher Bankenseminars, das sich heuer mit der Zukunft der Banken
beschäftigt.
Bartmann sieht eine Verselbstständigung der einzelnen
Arbeitsschritte bei den Finanzdienstleistern kommen, vergleichbar der
"vertikalen Desintegration", wie sie durch Spezialisierung und
Auslagerung bereits vor Jahren in der Automobilindustrie eingesetzt
hat. Bisher hätten Banken einer anderen Welt angehört, in dem sie
nämlich Produktions-, Handels- und Dienstleistungsbetrieb in einem
gewesen seien. Der bei den Banken später als in der Industrie
aufgetretene Margendruck mache aber jetzt die Entwicklung zum "lean
banking" erforderlich, so der Wirtschaftswissenschafter.
Aufteilung und Spezialisierung
Durch Aufteilung und Spezialisierung auf die einzelnen
Wertschöpfungsschritte wie Produktion, Vertrieb oder Abwicklung
entstehe letztlich ein "Wertschöpfungsnetz" aus rechtlich
selbstständigen Unternehmen, dessen Einzelteile sich auch am freien
Markt behaupten müssten. Solche Netzwerke seien effektiver und
effizienter als herkömmliche Strukturen, zudem steige die Qualität
durch Auswahl der Besten auf jeder Wertschöpfungsstufe, glaubt
Bartmann.
Noch offen sei bei einem solchen Fragmentierungsprozess die Frage
der Markenbildung oder der Zuordnung von Kunden. Bartmann empfiehlt
hier Kundenbindungsprogramme, die etwa die Form einer
Club-Mitgliedschaft annehmen könnten: "Die Banken müsste dabei
zusätzlichen Nutzen für den Kunden fast verschenken". Die
Zugehörigkeit müsse mehr sein als die Summe der einzelnen
Dienstleistungen.
Immer mehr Ausgliederungen
In diesem Zusammenhang werde es auch Bankenbereich zu immer mehr
Ausgliederungen kommen, insbesondere im Bereich der Datenverarbeitung
sei dies eine überlegenswerte Alternative, ist auch der Mailänder
Professor Marco de Marco überzeugt.
Weiterentwickelte technische Systeme wie die sichere digitale
Signatur gehören zu den unverzichtbaren Voraussetzungen für das
Bankwesen der Zukunft. Digitale Signaturen haben nichts mit einer
realen Unterschrift zu tun, sondern sind verschlüsselte Zahlencodes,
die mit Hilfe so genannter "elektronischer Zertifikate" von
vertrauenswürdigen Dritten zur Verfügung gestellt werden. Mit ihrer
Hilfe wird etwa die Aufbewahrung vertraulicher Daten in "eTresoren"
möglich, auf die nur der Kunde selbst Zugriff hat. Der Zugriff ist
selbstverständlich unabhängig vom Aufenthaltsort des Kunden möglich "
schließlich brauchen mobile Kunden interaktive und flexible Banken,
wie Walter König von T-Systems Austria in einem weiteren Referat
hervorhob.(APA)