Freitagabend in der BQE-Bar in Brooklyn. Coole New Yorker füllen den Raum mit Gelächter und Zigarettenrauch, wippen mit dem Kopf sachte den Beat mit und bestellen für sieben Dollar einen Gin-Tonic. Etwas aber ist anders in dieser Disco. Die Platten drehen sich nicht, sondern sind fest und fassen zwei Mal zehn Gigabytes.iPods und Boxen DJ Ben Kirkendoll lässt die CDs daheim. Stattdessen bringt er seine beiden iPods mit und schließt diese MP3-Player von Apple einfach an den Mixer der Audio-Anlage an. Kirkendoll gehört zu der kleinen, aber wachsenden Schar von DJs, die ihre Musik als MP3-Dateien organisieren und abspielen. Inzwischen gibt es sogar schon spezielle MP3-Anlagen für Disk Jockeys. DJs brauchen heute kein Talent mehr" Der New Yorker Werbeverkäufer Michael Parrish ist ein bisschen enttäuscht, als er sieht, dass die Musik aus dem MP3-Player kommt. Als Bub habe er den DJ immer für seine Gabe bewundert, die Platten zu scratchen und die Songs geschickt übereinander zu legen. "Heute muss man kein besonderes Talent mehr haben, um DJ zu sein. Es kommt nur noch darauf an, eine gute Abfolge von Songs zu haben." "Podiatrist" Kirkendoll, als Designer ebenfalls im Werbegeschäft zu Hause, gibt das gern zu. Mit seinen iPods kann er die Beats nicht verändern, weder scratchen noch pitchen - all das, was einen professionellen DJ ausmacht. Aber der "Podiatrist", wie er sich selbst nennt, ist auch nicht deswegen von der Disco engagiert worden, sondern wegen seiner ausgefeilten Musikauswahl - und wegen seines guten Gefühls für die Stimmung des Publikums. 4.000 Lieder in de Hosentasche "Mir gefällt das, wenn man mit zwei kleinen Geräten in der Hosentasche in die Bar kommt und mehr als 4.000 Songs drauf hat", sagt die BQE-Managerin Taya Pocock. Dank MP3 kann auch jemand DJ sein, der tagsüber einem regulären Beruf nachgeht. Außerdem brauche man kein Vermögen mehr, um in den Plattenläden alle aktuellen Songs und die unbedingt nötigen Oldies einzukaufen, sagt Kirkendoll. Internet-Tauschbörsen und Download-Sites haben ihn mit reichlich Musik versorgt. Dennoch vertraut er vor allem seiner eigenen CD-Sammlung, die er in MP3-Dateien umgewandelt hat. Konkurrenz schläft nicht Auch die Gerätehersteller haben erkannt, dass die DJs immer mehr Musik aus dem Internet beziehen - einige legal, andere unter Missachtung aller Urheberrechtsgesetze - und CD-Titel in das Platz sparende MP3-Format konvertieren. Der für September von Pioneer angekündigte DMP-555 soll sogar das Scratchen und Pitchen von MP3-Musik beherrschen. Wer lieber den eigenen PC zur DJ-Maschine machen will, kann dafür Software verwenden wie PCDJ von Visiosonic oder DJPower von DJPower International. Sicherheitsmechanismen sollen Piraterie eindämmen Im Interesse des Urheberrechts kommt bei Pioneer die Secure Data Card (SD-Card) als Datenträger zu Einsatz - da hier die Kopieraktionen mit MP3-Dateien begrenzt sind, wird die massenhafte Verbreitung der Musiktitel verhindert. Ob bei der Beschaffung der MP3-Titel alles mit rechten Dingen zuging, kann aber nicht überprüft werden, wie Brian Buonassissi von Pioneer einräumt. Dies liege in der Verantwortung der Nutzer. Neue Gesetzesvorlage könnte das Ende bedeuten Im US-Senat steht allerdings eine Gesetzesvorlage an, die die Hersteller von Software und Geräten verpflichten soll, die Möglichkeit von Raubkopien zu unterbinden. Das könnte das Ende für die gerade erst geborene elektronische DJ-Kultur bedeuten, meint Professor Siva Vaidhyanathan von der University of Wisconsin.(APA/Cody Ellerd/AP)