ÖVP will Anregung der Vizekanzlerin noch beraten - Deutliche Kritik an Haider - Riess-Passer: Volksbefragungs-Vorschlag muss erst FPÖ-Gremien vorgelegt werden
Redaktion
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Wien - Die ÖVP legt sich in Sachen Volksbefragung zur
Steuerreform nicht fest. Parteichef und Bundeskanzler Wolfgang
Schüssel meinte am Dienstag nach dem Ministerrat die entsprechende
Idee der Vizekanzlerin sei auf dem Tisch und er werde nun seine
Freunde in der ÖVP informieren: "Eine Beschlusslage liegt nicht vor."
In der Sache blieben sowohl der Bundeskanzler als auch Vizekanzlerin
FPÖ-Obfrau Susanne Riess-Passer hart. Beide stellten neuerlich klar,
dass aus ihrer Sicht auf eine Steuerreform zu Gunsten der
Hochwasserhilfe im kommenden Jahr verzichtet werden müsse.
Tun, was für das Land wichtig ist
Für Schüssel steht die Richtigkeit dieser Vorgangsweise nicht in
Frage: "Dieser Beschluss ist gemeinsam in der Bundesregierung gefasst
und gemeinsam von der Vizekanzlerin und mir koordiniert worden."
Angesichts der Situation in den Hochwassergebieten müsse man dem
Wiederaufbau nach der Hochwasserkatastrophe klaren Vorrang geben.
Auch Riess-Passer unterstrich in Krisensituationen müsse man das tun,
was für das Land wichtig ist.
Sowohl Riess-Passer als auch Schüssel betonten, dass nun die
Solidarität aller gefordert sei. Eine solche Katastrophe könne auch
einmal in einem anderen Bundesland passieren, sagten die beiden wohl
in Richtung des Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider (F). Die
Vizekanzlerin machte denn auch gleich klar, dass sie die
Regierungsarbeit fortsetzen wolle. Wenn man dieses Projekt in Frage
stelle, werde man nicht erfolgreich den Beweis antreten können, in
Regierungsverantwortung etwas erfolgreich für das Land tun zu können.
Deutliche Kritik an Haider
Schüssel wurde in seiner Kritik an Haider noch deutlicher. Er
könne überhaupt nicht verstehen, dass der Ex-FP-Chef, der auch an
der Sitzung der Landeshauptleute teilgenommen habe, nicht der Hilfe
für die Flutopfer Priorität geben wolle. Schließlich gelte noch immer
das alte Sprichwort: "Geld ausgeben kann man nur einmal." Auch dem
von Haider angedachten Volksbegehren zu Gunsten einer Steuersenkung
erteilte der Kanzler eine Absage. Ein Volksbegehren, das ohnehin eher
ein Instrument der Bürger sein sollte, würde Zweifel wecken, die
seiner Meinung nach in der heutigen Situation nicht angebracht seien,
erklärte Schüssel.
Kärntner Landeshauptmann soll "mit den Leuten reden"
Haider empfahl der VP-Chef, auf die Stimmung im Land zu hören.
Früher habe der Landeshauptmann doch gerade dafür ein gutes Gespür
gehabt. Nun sei aber die Regierung mehr am Puls der Menschen als
Haider es glaube: "Er soll mit den Leuten reden."
Volksbegehren "ungeheuer problematisch"
Schüssel bezeichnete am Dienstag das von Haider angekündigte Volksbegehren bei weiterer Nachfrage durch die Journalisten
im Pressefoyer nach dem Ministerrat schließlich als "ungeheuer
problematisch". Schüssel stößt sich vor allem am Inhalt des
Haider'schen Begehrens: in diesem werde die Hilfe für die Flutopfer
"nicht ausreichend in den Vordergrund gerückt".
Schüssel nahm zudem eine klare Differenzierung der beiden
Instrumente Volksbegehren und Volksbefragung vor. Ersteres sei ein
Instrument der Bürger, zweiteres könne von einer Mehrheit des
Nationalrats bzw. der Regierung angestrebt werden. Er werde die
Möglichkeit einer Volksbefragung nun mit seinen Freunden in der ÖVP
besprechen.
Riess-Passer: Volksbefragungs-Vorschlag muss erst FPÖ-Gremien vorgelegt werden
Riess-Passer hielt dabei fest,
auch sie müsse diesen Vorschlag erst den FPÖ-Gremien vorlegen.
Zu Haider: "Mein Stil ist das nicht"
Haider richtete Riess-Passer im Übrigen aus, ihre Art, Dinge zu
regeln, sei es, in den zuständigen Gremien eine gemeinsame
Entscheidung herbeizuführen. Es stehe jedem frei, diesen Weg ebenso
zu wählen, sie halte aber nichts davon, sich Entscheidungen über die
Öffentlichkeit auszurichten: "Mein Stil ist das nicht." Um ihre
persönliche Befindlichkeit gehe es nun aber nicht, betonte die
Vizekanzlerin. (APA)
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