Wien - Am kommenden Montag treten Drogenexperten zu einem Krisengipfel zusammen, weil in Österreich erstmals mit Strychnin (Rattengift) versetztes Heroin aufgetaucht ist. Beraten werden Polizei und Gesundheitsverantwortliche der Ministerien und der Bundesländer.
Die nun gefundene Strychninmenge ist laut Peter Hacker, Drogenkoordinator der Stadt Wien, "nicht gesundheitsgefährdend". Er hält aber den giftigen Fund "für ein radikales Novum". "Seit Jahren sind wir mit Gerüchten in der Szene konfrontiert, dass Heroin mit Strychnin ,gestreckt' wird." Jetzt seien sie erstmals wahr geworden.
Da habe jemand absichtlich gepanscht, so Hacker, da das Gift nicht bei der chemischen Heroinproduktion anfalle. Woher es stamme, könne man nur spekulieren. Auf die Spur der hochgiftigen Substanz sei ein Polizist gekommen, hat Hacker "nur Dank für den aufmerksamen Beamten". Er habe bei einer Drogenkontrolle den Verdacht der Vergiftung dokumentiert. Den Beweis dazu habe der Gerichtschemiker Walter Vycudilik erbracht, der "tief hineinanalysiert hat".
Reaktion unklar
Die Vorsorge- und Drogenpolitik stehe nun vor neuen Problemen. Beim Krisengipfel will Hacker Lösungen finden. Etwa, wie Drogenkonsumenten von der Gefahr informiert werden, ob Drogenberater von der Gefahr wüssten und wie man sie schulen könne. Gleichzeitig solle ein Frühwarnsystem aufgebaut werden, in dem österreichweit regelmäßig Heroinproben untersucht würden.
Tödliche Gefahr
Strychnin wirkt tödlich, wird aber in der Medizin in geringsten Dosen gegen Appetitlosigkeit eingesetzt. Bekannt geworden ist die Substanz nach dem Tod zweier Jugendlicher in Perg (OÖ). Ihnen ist im Juli 2001 von vermeintlich guten Bekannten das Rattengift als "Speed" verkauft worden. Die beiden Opfer (13 und 16 Jahre alt) starben qualvoll. Heroin gilt als "harte" Droge und wird durch eine chemische Reaktion von Morphin mit Essigsäure hergestellt, dann gespritzt, geschnupft oder geraucht. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 28.8.2002)