Telekom
Chancen breitbandiger Distributionsmedien noch ungewiss
Studie befragt 40 der größten Medienunternehmen in Deutschland
Negative Meldungen aus der Medienbranche, die mit der Insolvenz bei Kirch ihren vorläufigen Höhepunkt erleben, beherrschen die derzeitige Diskussion. Dabei ist es unklar, wie sich die Ereignisse auf die Branche auswirken. Unsicher ist auch, inwieweit dies die Verbreitung breitbandiger Distributionskanäle wie UMTS, X-DSL oder digitales Kabel beeinflusst. Offensichtlich werden es die mit dem Aufbau der Netze beschäftigten Unternehmen schwer haben, die großen Medienunternehmen zu einem entsprechenden Engagement zu bewegen. 40 der Top-Medien-Unternehmen
Dies ist jedoch dringend erforderlich, da in dem Beziehungsgeflecht der Medien- und Telekom-Wirtschaft vor allem die großen Medienunternehmen gefragt sind, mit attraktiven Inhalten und Diensten den Netzaufbau zu refinanzieren. Das ergab eine Umfrage der Telecom Media & Networks Gruppe von
Cap Gemini Ernst & Young
bei den Top 40 Medien-Unternehmen, darunter TV-Sender, Verlage, Filmproduzenten und Portale.
Keine Favoriten unter den Breitbandmedien in Sicht
"Noch sind die Medienunternehmen unentschieden in der Wahl des bevorzugten Breitbandmediums", stellt Ralf-Gordon Jahns, Principal und Leiter der Studie bei Cap Gemini Ernst & Young fest und weiter: "Derzeit gibt es keinen favorisierten breitbandigen Distributionsweg auf dem zukünftig Inhalte angeboten werden sollen." Jeweils 29 Prozent der Befragten entschieden sich für X-DSL und digitales Kabel. 42 Prozent sind noch unentschieden. Im Detail würde es jedoch deutlich, wie stark sich TV-Anstalten auf das digitale Kabel konzentrieren. Die TV-Sender würden den größeren technischen Möglichkeiten des Kabels derzeit Vorrang geben vor der schnelleren technischen Verfügbarkeit und Marktdurchdringung anderer Breitbandmedien, so Jahns.
Auffällig ist auch, wie stark die befragten Online-Anbieter im Vergleich zu traditionellen Medienunternehmen auf UMTS und X-DSL als Erweiterung ihres Internetangebots setzen. Powerline als neues Distributionsmedium spielt in der Planung so gut wie keine Rolle und wurde nur von vier Prozent der Befragten genannt.
Information und Unterhaltung
Die Studie zeigt, dass die neuen Distributionsmedien insbesondere für das Angebot im Bereich der Information und Unterhaltung genutzt werden sollen. Die Anbieter konzentrieren sich auf die Bereitstellung eines Angebots für Privatkunden. Mit jeweils 71 Prozent liegen die Bereiche Unterhaltung (Musik, Spiele etc.) und Information (Nachrichten, Wetter usw.) an erster Stelle. Es gibt derzeit nur wenig spezifische Ansätze über Angebote, für das Geschäftskundensegment. Dies überrascht insofern, da gerade dort das größere Erlöspotenzial von vielen Befragten erwartet wird.
Es gibt nur wenige "Vorreiter"
Trotz erkannter Bedeutung herrscht Zurückhaltung auf breiter Front. Nur wenige Unternehmen arbeiten konkret an der Realisierung eines Dienstes. Diese Vorreiter sehen in dem frühzeitigen Engagement eine Chance, ihre Wettbewerbsposition zu verbessern. Die Mehrzahl der Unternehmen haben den Aufbau entweder noch nicht gestartet oder stecken in der Planungsphase. Anders als beim Start des Internets, wird jetzt eher eine beobachtende Haltung eingenommen. Der potenzielle Verlust des *First Mover Advantage" wird bewusst in Kauf genommen. Ein Fünftel der Medienunternehmen erwarten in drei Jahren einem Umsatzanteil von zehn bis 20 Prozent über das Breitband zu erreichen. Dies erscheint sehr ambitioniert. Wahrscheinlich sind jedoch eher null bis fünf Prozent Umsatzanteil, so wie es über die Hälfte der Befragten (54 Prozent) äußerten. Auf die Frage, wer in der Branche als Vorreiter bzw. anerkannter Innovator gilt, gab es keine Antwort.
Medienunternehmen werden ihre Positionierung nicht verändern
Die Studie ergab, dass sich die Unternehmen auf die inhaltliche Erweiterung und Aufwertung des bestehenden Angebotes beschränken. Neue Dienste sollen zum überwiegenden Teil aus eigener Kraft und seltener über Kooperationen aufgebaut werden. Gezielte Zukäufe von Unternehmen spielen mit nur zwei Prozent noch keine Rolle. Geht es um die Art oder Anzahl der Partner, so stochern die Unternehmen noch im Nebel: Die Hälfte aller Befragten konnte keine Angaben machen, wie viele Partner benötigt werden und welche geeignet sind. Präferenzen zu bestimmten Anbietern im Markt wurden nicht genannt. Es besteht jedoch eine Tendenz, bereits bestehende Partnerschaften weiter zu entwickeln und auszuweiten.
Eine Frage der Finanzierung
Bei ausreichender technischer Zuverlässigkeit werden als kritische Erfolgsfaktoren für die neuen Breitbanddienste vor allem einzigartige Produkteigenschaften und niedrige Endkundenpreise gesehen. Die Chancen weiterer Differenzierungsmöglichkeiten gegenüber Wettbewerbsmedien und -angeboten werden noch geprüft. Zur Refinanzierung setzt der überwiegende Teil der befragten Unternehmen weiterhin auf Werbung (42 Prozent) und bezahlbare Dienste/Inhalte (54 Prozent). Nur wenige beschäftigen sich mit alternativen Refinanzierungsformen wie Abonnement (29 Prozent), Transaktionen (17 Prozent), Partnerentgelte (21 Prozent) und Dienstleistungen (4 Prozent).
Kein Weg vorbei am Breitband
Die Befragung verdeutlicht die zögerliche Haltung der Branche gegenüber den neuen breitbandigen Distributionswegen. Trotzdem haben die Unternehmen erkannt, dass langfristig kein Weg an einer Umstellung auf Breitbandmedien vorbeiführt. "Abwarten und genaues Prüfen der Geschäftsmodelle ist die derzeitige Maxime", stellt der Studien-Leiter Jahns fest. Er geht davon aus, dass die negativen Schlagzeilen über die Branche diese Haltung noch bekräftigen. Zudem kommt die gesteigerte Skepsis, die sich durch die Erfahrungen zu Zeiten des Internet-Hypes entwickelt hat.
Netzwerkbetreiber müssen Dienste starten
Für die Netzwerkbetreiber lautet die Konsequenz, dass sie in der Anfangsphase verstärkt selber Dienste anbieten oder auf
noch nicht etablierte Medienunternehmen zum Dienstleistungsaufbau setzen müssen. Eine Entwicklung, die sich bereits in anderen Ländern abzeichnet. In Richtung etablierter Medienunternehmen gilt es durch faire Partnerkonzepte, Aufklärungsarbeit und verlässliche Technik das Vertrauen in die Chancen der Breitbandtechnologie herzustellen.(red)