Die Regierungen der jugoslawischen Teilrepubliken Serbien und Montenegro haben in der Nacht auf Dienstag den Text einer neuen Verfassung ihrer zukünftigen Gemeinschaft vorgelegt. Vorher war eine Kommission der Parlamente der beiden Länder und des jugoslawischen Bundesparlamentes an dieser Aufgabe gescheitert.

Uneinigkeit herrscht nach wie vor über die Form der Gemeinschaft. Der derzeitige jugoslawische Staatspräsident Vojislav Kostunica wünscht sich einen neu geordneten Bundesstaat. Die Regierungen jedoch, die in Serbien und Montenegro an der Macht sind, möchten einen losen Staatenbund, der nur konkret abgestimmte Aufgaben, vor allem Außenpolitik, Außenhandel und Landesverteidigung, an gemeinsame Gremien delegiert.

Der neue Name der Gemeinschaft soll schlicht "Serbien und Montenegro" lauten, ein mit begrenzten Vollmachten agierendes Parlament haben, das einen Staatspräsidenten wählt, der gleichzeitig der Bundesregierung vorsitzt.

Drei Jahre Schonzeit

Nach drei Jahren soll in beiden Ländern durch ein Referendum überprüft werden, ob die Bevölkerung die Fortsetzung der Staatengemeinschaft will. Ist das nicht der Fall, übernimmt Serbien Rechte und Pflichten des ehemaligen Jugoslawiens.

Kostunica hatte die Unterzeichner des "Belgrader Abkommens", das auf Drängen der EU im Frühjahr zustande kam und eine neue Verfassung vorsah, den Präsidenten Montenegros, Milo Djukanovic, die Ministerpräsidenten Serbiens und Montenegros, Zoran Djindjic und Filip Vujanovic, sowie den jugoslawischen Vizepremier, Miroljub Labus, am Montag zu einer Sitzung zu diesem Thema eingeladen. Niemand kam. Labus, der gegen Kostunica um das Amt des Präsidenten Serbiens angetritt, ließ ausrichten, für "so einen Zirkus" habe er keine Zeit.

In Serbien wird am 29. September der Präsident der Teilrepublik gewählt, in Montenegro am 6. Oktober ein neues Parlament. In dieser Konstellation gibt es kein Gremium, das vollberechtigt für seine Bevölkerung sprechen kann. Trotzdem drängt Europa, möglichst bald die neue Staatengemeinschaft zu bilden, weil befürchtet wird, die Spaltung des Landes könnte Unruhen in Mazedonien, wo Parlamentswahlen schon am 15. September bevorstehen, im Kosovo und in Bosnien zur Folge haben. (DER STANDARD, Printausgabe, 28.8.2002)