Seoul - Das südkoreanische Parlament hat erneut die Bestätigung eines von Staatspräsident Kim Dae Jung vorgeschlagenen Kandidaten für das Amt des Regierungschefs abgelehnt. 151 Abgeordnete stimmten am Mittwoch gegen den 50 Jahre alten Zeitungsverleger Chang Dae Whan, 112 votierten für ihn. Ende Juli hatte die Nationalversammlung in Seoul, in der gegenwärtig die größte Oppositionspartei die Mehrheit hat, die Einsetzung der 62 Jahre alten Theologin Chang Sang als Regierungschefin abgelehnt. Der frühere Ministerpräsident Lee Han Dong hatte sein Amt im Juli im Zuge einer Kabinettsumbildung verloren. Der gescheiterte Premier-Kandidat Chang Dae Whan war vor der Abstimmung von den Abgeordneten drei Tage lang öffentlich befragt worden, vor allem zu Krediten, die er von seinem Unternehmen erhalten habe, und einem Grundstückskauf, bei dem er die Erbschaftssteuer nicht entrichtet habe. Gegen Chang Sang waren Vorwürfe laut geworden, sie habe sich an Immobilienspekulationen beteiligt und ihren akademischen Lebenslauf geschönt. Es war das erste Mal seit mehr als 40 Jahren, dass ein Präsident seinen Vorschlag für den Posten des Regierungschefs nicht durchbringen konnte. Die neuerliche Abstimmungsniederlage Kim Dae Jungs werteten politische Beobachter auch als Signal für die Präsidentenwahl im Dezember. Der Präsident kann nicht mehr antreten, seine fünfjährige Amtszeit endet im Februar nächsten Jahres. Die Popularität des 77-jährigen Friedensnobelpreisträgers und ehemaligen Menschenrechtskämpfers ist nach Korruptionsvorwürfen gegen Mitglieder seiner Familie ebenso wie gegen seine Regierung stark gesunken. Das Amt des Premiers ist unter dem Präsidialsystem in Südkorea nur mit beschränkten Befugnissen ausgestattet. Fast alle wichtigen Entscheidungen trifft das Staatsoberhaupt. (APA/dpa/Reuters)