China hat im Vorfeld des für Oktober geplanten Treffens von Staatschef Jiang Zemin mit US-Präsident George W. Bush auf dessen Ranch in Texas eines der letzten großen Hindernisse für ein normalisiertes Verhältnis zu den USA auszuräumen versucht. Fast zwei Jahre, nachdem Peking Washington zugesagt hatte, ein nachprüfbares und festgelegtes Kontrollsystem für Rüstungsexporte und gegen die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen einzuführen, sind erstmals detaillierte chinesische Bestimmungen zum Export von Raketen und anderen Technologien der so genannten doppelten Verwendung, aus denen Massenvernichtungswaffen hergestellt werden könnten, in Kraft getreten.

Seit dem 22. August, so erläuterte der Abteilungsleiter für Rüstungskontrolle im Außenministerium in Peking, Liu Jieyi, müssten alle entsprechenden Exporte "ausnahmslos lizenziert werden, bevor sie das Land verlassen dürfen". Die in 24 Punkten gefassten Regeln mit einer Liste genehmigungspflichtiger Ausfuhrprodukte seien ein "Meilenstein im Rahmenwerk unserer Exportkontrolle" - "Wir haben jahrelang daran gearbeitet." Alle Waffenlieferungen würden künftig vom Staatsrat und der Militärkommission überprüft, während so genannte "Dual Use"-Produkte, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden könnten, vom Außenwirtschaftsamt lizenziert werden müssten. Rüstungsexporteure hätten sich zu registrieren und ihre Endabnehmer zu nennen. Diese müssten sich verpflichten, die Produkte nur zum vorgesehenen zivilen Gebrauch zu verwenden und nicht weiterzuexportieren.

"Böse" Kunden

Drei der bisherigen Hauptnutznießer chinesischer Waffenlieferungen - Irak, Iran und Nordkorea - gehören zu Bushs "Achse des Bösen". Problematisch sind auch Chinas Raketenlieferungen an Pakistan. Peking bestritt bisher alle Vorwürfe, räumt aber im Rückblick "Einzelfälle" ein. Zuletzt hatte Washington im Juli neun chinesische Firmen auf eine Sanktionsliste setzten lassen. Mit den neuen Exportkontrollen könnten die USA von Peking eine Nachprüfung verlangen. Dem Raketenkontrollregime (MTCR), einer Vereinbarung von rund 30 Staaten, will China jedoch nicht beitreten. (Johnny Erling aus Peking, DER STANDARD, Printausgabe, 29.8.2002)