Vor und zurück, drohen, fordern, zurücknehmen, entgegenkommen, bitten, verzeihen, wieder drohen. Jörg Haider gibt Susanne Riess-Passer Süß-Saures, so ganz nebenbei hält er auch die heimische Innenpolitik in Atem. Die Medien folgen den Eskapaden mit hechelnder Zunge. Was gerade noch die ultimative Forderung oder die entscheidende Wende war, gilt ein paar Stunden später schon nicht mehr.

Eine perfide Zermürbungstaktik. Nicht nur die Vizekanzlerin wird aufgerieben, auch der politische Beobachter leidet an Erschöpfungszuständen. Täglich werden wir Zeugen von wechselnden Launen und Stimmungslagen eines Mannes, um den in der österreichischen Politik kein Weg herumzuführen scheint. Und dabei ist er erst 52. Eine Erholung - für ihn selbst wie auch für jene, die sich mit ihm abgeben müssen - ist nicht in Sicht.

Auch wenn Riess-Passer einen Punktesieg eingefahren haben mag, langfristig sitzt Jörg Haider doch auf dem längeren Ast. Weil er eben der Jörg ist, weil er auch die Partei ist, obwohl sich etliche Gefolgsleute bereits abgewandt haben.

Das Volksbegehren ist erst einmal abgesagt oder nur aufgeschoben, damit ist auch die von der Vizekanzlerin vorgeschlagene Volksbefragung obsolet. Unsinnig waren beide Vorhaben ohnehin. Vom ursprünglichen Streitpunkt, nämlich dem Zeitpunkt der Steuerreform, rückt Haider aber nicht ab.

2003. Damit reduziert Haider die freiheitliche Politik auf die Einhaltung eines einzigen Wahlversprechens, das ohnedies längst geplatzt ist, weil sich eine Steuerreform nicht ausgehen kann, ohne ein anderes Wahlversprechen platzen zu lassen: keine neuen Schulden. Was immer freiheitliche Regierungspolitiker sonst noch zustande gebracht haben, Haider hat es in den vergangenen Tagen vom Tisch gewischt. (DER STANDARD, Printausgabe, 29.8.2002)