Wien - Nationalbankgouverneur Klaus Liebscher hat am Mittwoch erneut der Forderung von Jörg Haider, die Währungsreserven der Zentralbank für die Finanzierung einer Steuerreform zu verwenden, eine Abfuhr erteilt. Liebscher stützt sich dabei auf drei zentrale Argumente.
  • EU-Verträge:

    Seit dem Start des Euro Anfang 1999 kann Österreich ebenso wie die anderen Euro-Länder nicht mehr über seine Währungsreserven frei verfügen. Sie sind laut EU-Vertrag Bestandteil des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) unter Führung der EZB und können nur durch einen gemeinsamen Beschluss angetastet werden. Obwohl viele Experten die Meinung vertreten, dass die Euroländer insgesamt zu hohe Reserven halten, ist bisher keine Entscheidung für eine Verringerung gefallen - und auch nicht in Aussicht.

  • Stabilität des Euro:

    Wenn die Notenbank eines Landes beginnt, laufende Staatsausgaben durch Geldschöpfung zu finanzieren, treibt sie damit die Inflation hoch und untergräbt das Vertrauen in die eigene Währung. Das ausdrückliche Verbot einer solchen Staatsfinanzierung ist eine der Grundfesten der Währungsunion und gilt unter Ökonomen als viel wichtiger für die Stabilität des Euro als der Stabilitätspakt selbst.

  • Budgetfolgen:

    Die Währungsreserven, derzeit zwischen 16 und 17 Milliarden Euro, sind gut verzinst in Wertpapieren angelegt - vor allem in Dollar. Die Nationalbank verdient dabei teilweise höhere Zinsen, als der Bund für seine eigene Staatsschuld bezahlen muss. Dieser Verdienst wird in Form von Steuern und Dividenden an den Bund abgeliefert. Für 2001 waren das 1,5 Mrd. Euro. Werden die Reserven aufgelöst, fällt diese Einnahmequelle für das Budget weg. Wenn die Reserven, wie häufig gefordert, für eine Stiftung zur Forschungsförderung verwendet werden, bliebe zumindest das Kapital erhalten, und die Zinsen würden in Zukunftsinvestitionen fließen. Werden sie aber via Steuersenkung an die Bürger verteilt, dann wäre das Sparschwein geschlachtet. (ef/DER STANDARD, Printausgabe, 29.8.2002)