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Foto: Reuters/ Dave Kendall
Was wird da transportiert? Nicht nur neugierige Kinder fragen sich das manchmal, wenn sie eine Lastwagenkolonne oder einen endlos langen Güterzug vorbeirollen sehen. Sind das nur Waren, die so normal sind wie der Alltag selbst? Computer, Fernseher, Holz, Papier? Oder wird hier auch Außergewöhnliches von einem Ort zum anderen geschafft? Heikles? Und was wäre das überhaupt? "Ausgefallene Transportbedürfnisse", so der Fachjargon, sind keine Seltenheit. Dabei handelt es sich um wertvolle Fracht oder um Güter, deren unhandliche Größe und Gewicht beim Verladen vielleicht Umstände machen könnten. "Wenn es sich also um eine Lademaßüberschreitung handelt", wie die gelernten Güterlogistiker sagen. Über die Kosten des Extraservices schweigen sie sich freilich aus. Stattdessen erzählen sie Geschichten über die etwas anderen Transporte: Die Gebrüder Weiss etwa sind stolz, einmal eine "unbezahlbare" Briefmarkensammlung von A nach B geliefert zu haben. Schwerer zu tragen hatte das Unternehmen mit Hauptsitz in Vorarlberg 1999, als man die zehn Tonnen schwere Kapsel der Raumstation MIR für die Ausstellung "Unispace" ins Wiener Austria Center chauffierte. Noch gewichtiger war die Aufgabe der ÖBB (Abteilung Güterverkehr) im gleichen Jahr, als die Kamptalbrücke verladen und von Stiefern in Niederösterreich nach Altenhof geliefert wurde. Die Maße der stabilen, 53 Tonnen schweren Ladung: 40 Meter Länge, 5,8 Meter Breite. Ein Reisegast wie dieser ist keine Seltenheit auf den Schienennetzen Europas: ÖBB-Logistiker Herbert Rössler erzählt zum Beispiel von U-Bahnen, die Siemens für einen australischen Auftraggeber in Österreich angefertigt hat. Aufgrund ihrer großen Spurbreite mussten sie in eigens umgebauten Wagons bis nach Norddeutschland in den Hafen von Bremen gebracht werden. Und traten von hier dann die Schiffsreise zum Bestimmungsort an. Tiertransporte machen die ÖBB laut Auskunft der Güterlogistik nicht. Man stellt allerdings Spediteuren, die darauf spezialisiert sind, Lokomotive und Wagons zur Verfügung. Und verweist im STANDARD-Gespräch auf die strengen Vorschriften bezüglich Unterbringung während der Fahrt, Fütterung und Reisepausen, die für Nutzviehtransporte genauso gelten wie etwa für Elefanten, die man von einem Zoo in einen anderen übersiedelt. Ob die Vorschriften auch für jene Vogelspinnen galten, die einmal von den Gebrüdern Weiss geliefert wurden, konnten wir nicht in Erfahrung bringen. Heikel kann aber auch eine Lieferung von Waren sein, die niemand zu Gesicht bekommen soll: Es handelt sich dabei natürlich nicht um Mikrofilme eines Geheimdienstes, sondern etwa um Auto-Prototypen, die für Tests angeliefert werden. Und vor den neugierigen Augen der Konkurrenz geschützt werden sollen. Transporteure, in diesem Fall z. B. die niederländische Fluglinie KLM, haben deswegen begonnen, die Fracht absolut blickdicht zu verpacken, damit "Carparazzis" auch während des Umladens nichts sehen. Und wenn geht, umsonst seit Tagen schon auf der Lauer liegen. (Peter Illetschko/DER STANDARD, Printausgabe, 29.08.2002)