Wien - Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) hat sich gegen eine Durchführung der Steuerreform und der Lohnnebenkostensenkung im Jahr 2003 ausgesprochen: "Die Zahlen sprechen leider Gottes eine klare Sprache", sagte Bartenstein in einem in der Nacht auf Donnerstag ausgestrahlten "ZiB3"-Interview."Keine Alternative" "Aus heutiger Sicht" gebe es "keine Alternative" zur Verschiebung. Ausdrücklich lobte Bartenstein die "starke Führungspersönlichkeit" von Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer (F), die sie in den letzten Tagen gezeigt habe. Auch die "Regierungsmannschaft der FPÖ unter der Führung der Vizekanzlerin" arbeite "gut, hart und professionell". Reformen: Kindergeld und neue Abfertigungen Bartenstein räumte ein, dass man die FPÖ-internen Streitigkeiten rund um die Steuerreform "nicht unbedingt auf der Habenseite" verbuchen könne. Andererseits habe die Bundesregierung "große Reformen, die sonst nicht möglich gewesen wären" umsetzen können. Wenn man Projekte und Reformen wie die Budgetkonsolidierung, das Kindergeld oder die "Abfertigung neu" dagegen aufrechne, "dann haben wir viel, viel mehr zustande gebracht als vielleicht an Kritikpunkten übrig bleiben mag". Kein Volksbegehren zur Steuerreform "Klar und deutlich abzulehnen" sei der Vorschlag des Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider (F) über ein Volksbegehren zur Steuerreform. Aufgeschlossen zeigte sich der Wirtschaftsminister dagegen zum Vorschlag Riess-Passers einer Volksbefragung zum gleichen Thema. Es gebe "Pros und Kontras", die sorgfältig gegeneinander abzuwägen seien. Die ÖVP befinde sich diesbezüglich derzeit in einem "Überlegungs- und Nachdenkprozess", der in einigen Tagen zum Abschluss kommen werde. Budgetkonsolidierung Wenn man die Budgetkonsolidierung fortführen wolle, dann müsse man die Steuerreform verschieben, betonte Bartenstein. Dies wolle auch die Mehrheit der Bürger. Die Hochwasserhilfe habe "oberste Priorität", allerdings sei auch die steuerliche Entlastung sei wichtig: "Aufgeschoben ist nicht aufgehoben." Ebenso lehnte Bartenstein Forderungen nach einer Lohnnebenkostensenkung im kommenden Jahr ab, "weil das Geld nicht da ist". Die Steuerreform werde im Jahr 2004 kommen. Entlastung für die Unternehme n Wenig konnte Bartenstein dem Argument der Wirtschaftskammer abgewinnen, der zu erwartende erhöhte Wettbewerbsdruck nach der EU-Erweiterung mache eine Entlastung für die Unternehmen notwendig. Die "Ostöffnung" sei eine "einzigartige Erfolgsgeschichte" für Österreich und seine Unternehmen gewesen und es gebe keinen Grund "zu zweifeln, dass die Osterweiterung der EU dies nicht fortsetzen soll". Österreich könne mit dem niedrigen Lohnniveau in den EU-Beitrittskandidatenländern ohnehin nicht konkurrieren, seine Wettbewerbsvorteile lägen anderswo, etwa in der Qualifikation und Motivation der Mitarbeiter, dem Know-how der Unternehmen oder dem sozialen Frieden: "Wer rein wegen des Personalkostenunterschieds (aus Österreich, Anm.) weg musste, der ist schon längst weg", gab sich Bartenstein überzeugt. Zu seinen eigenen Karriereplänen befragt meinte Bartenstein, er habe in der Politik die halbe Marathondistanz (42,215 Kilometer) bereits hinter sich und befinde sich "zwischen Kilometer 20 und 30". Als Läufer habe er "bis jetzt noch keinen Marathon aufgegeben". (APA)